KURZKRITIK: „DER SCHATZ IM SILBERSEE“, LICHTHOF THEATER
: Im wilden Osten

Dass einzig die Ganoven am Schluss den Silbersee hinter der Mauer erreichen, ist nur ein satirischer Moment

Mit offenem Mund schläft Old Firehand auf dem Sofa. Er trägt Jeans, Schnauzer und ein Harley Davidson T-Shirt mit Südstaaten-Adler. „Das ist der Klang der Silberbüchse“, sagt Winnetou bedeutungsvoll – und öffnet sich ein Dosenbier. Der kleine gelbe Campingfernseher zeigt Westfernsehen – als schrullige Wendezeit-Komödie inszeniert das Lichthof Theater Karl Mays „Schatz im Silbersee“.

Auf einem Campingplatz irgendwo im Osten macht sich darin eine Gruppe Hardcore-Indianistiker auf die Suche nach jenem Schatz, einer Allegorie auf die „blühenden Landschaften“ des Helmut Kohl. Auf dem Weg dorthin werden sie von russischen Banditen überfallen – bewaffnet mit Hammer und Sichel – und müssen sich gegen andere „Rothäute“ wehren, die sie mit alten SED-Liedern zu malträtieren trachten. Dass die Ganoven am Schluss die einzigen sind, die den Silbersee hinter der Mauer erreichen, ist nur einer von vielen satirischen Momenten.

Humorvoll versteht Regisseur Marcel Weinand die zwei Erzählsphären Wilder Westen und „wilder Osten“ zu verknüpfen. Heraus kommt charmanter Klamauk, der vor allem durch eines besticht: den Verzicht auf jegliche pathetische Verklärung der Wende-Ära. JOHANN TISCHEWSKI

nächste Vorstellungen: 11. und 12. Dezember, 20.15 Uhr, Lichthof Theater (Mendelssohnstr. 15 B)