KUNST

KunstJana Bachschaut sich in Berlins Galerien um

Ein bisschen wie das Kaninchen vor der Schlange verharre ich vor „Supernature“. Enorm prall, in XXL und Stringbikini, präsentiert eine Bodybuilderin in Meret Effingers Video ihre Muskeln. Fast hat das etwas Poetisches, dieser Astralleib in angespannter Stille, dazu geschminkte Epidermis in Großaufnahme. Utopie versus Realismus. Peng! – Nach jeder Frage, etwa „Wo bin ich geboren?“, feuern zwei junge Frauen in Iván Argotes Arbeit einen Schuss ab. In „JONNY“, der aktuellen Ausstellung bei insitu, beschwören 14 filmische Werke, darunter Valie Exports „Syntagma“, eine gnadenlose Versuchung. Rowland S. Howards Song „A Girl Called Jonny“ gibt den Ton in der einzigen Installation an. Zitat: „Sie ist eine Unmöglichkeit, ein Geschoss, ein Schurke.“ Jonny ist Marlon Brando in „Der Wilde“, oder der Ausdruck auf Anne Parillauds Gesicht, wenn Jeanne Moreau ihr in Luc Bessons Nikita rät: „Let the pleasure be your guide“ – irgendwie ein Halt in einer Zeit, in der Pornos kaum erschüttern, dafür aber Meldungen, wie die des Playboys, auf splitternackten Mates zu verzichten (bis 19. 12., Mi.–Sa. 11–18, Kurfürstenstr. 21/22).

Kein „Overflow“ bei Alexander Levy, trotz 55 präsentierter Arbeiten. Zu sehen ist sozusagen die Spitze des Eisbergs an silbrig glänzenden Wänden verteilt. Das Massiv bleibt verborgen, wie etwa bei „Endung“, ein Mann schwebt kopfüber in der Luft. Die Fotografie hat Fabian Knechts Sprung von der Balustrade des Universitätsgebäude der Künste im Moment gebannt. Weder Julian Charrière noch Philip Topolovac bestiegen einen Achttausender für ihre Panoramen, evozierte Gebirgstopoi; sie fotografierten Sandhügel. Den ausgelegten Umschlägen, einer Art Carte blanche, lässt sich Kleingedrucktes entnehmen, wie „A circle“ und „A closed horizon“, das passt. Selbst im Detail, wie bei dem von Eva Vuillemin im Krankenbett Abgelichteten: schwer verkabelt, das Bein in Gips und die Nase in Georges Batailles „Das obszöne Werk“ (bis 14. 11., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Rudi-Dutschke-Str. 26).

Ein zusammengerollter Teppich lehnt an der Wand, ein anderer reicht ausgebreitet von der Decke bis zum Boden. Das Muster erinnert an Handgewebtes von Ikea. Tatsächlich sind die Arbeiten bei Kwadrat aus Papier und mit Acrylstiften bemalt. Akribisch setzt die Amerikanerin Lindsey Landfried mit kleinen gezeichneten Loops Strukturen und Tiefe. Das Übrige richten die Titel. „Vorsintflutlich“, Papier in zwei mal zwei Meter, höhlt eine der Ecke aus, in der Mitte ein Brocken. Daneben hängt eingerahmt „Chicxxulub“, so heißt ein 65 Millionen alter vonSedimentgesteinen begrabener Einschlagkrater im Norden Yucatáns (bis 14. 11., Mi.–Sa. 13–19 Uhr, Manteuffelstr. 92).