Die Nazis von nebenan

Salzhemmendorf Nach dem Brandanschlag durften es die Rechten erst nicht gewesen sein

Von „versuchtem Mord“ sprach Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, als er nach dem Brandanschlag im vergangenen August die Asylunterkunft in Salzhemmendorf besuchte. Es war reines Glück, dass von den 40 Menschen, die sich in dem Haus aufhielten, keiner verletzt wurde. Die Bewohner der Erdgeschosswohnung waren nicht in dem Raum, wo der Brandsatz zündete. Im Nebenzimmer hielt sich eine 34-jährige Mutter aus Simbabwe mit ihren drei Kindern auf. Dort, wo der Molotowcocktail Teppich und Matratze in Brand setzte, schliefen sonst die Kinder.

Die Polizei sprach zwar gleich von einem „fremdenfeindlichen“ Tathintergrund, die rechten Szene sollte es aber nicht gewesen sein – zu Beginn der Ermittlungen erklärte Polizeisprecher Jens Petersens, dass es in dem Landkreis Hameln-Pyrmont keine rechte Szene gebe. Bürgermeister Clemens Pommerening (parteilos) sah das auch so.

Niemand schienen die Nazi-Schmierereien an der Bushaltestelle in der Straße des Flüchtlingsheims aufgefallen zu sein. Laut Innenministerium sind im ersten Halbjahr 2015 im Landkreis 14 rechte Straftaten verübt worden, im nahen Hildesheim waren es 41 – Daten, die vielleicht ein Bürgermeister nicht gleich kennen muss, die Polizei aber schon.

Keine 24 Stunden nach dem Anschlag hatte die Polizei die Täter Sascha D. und Dennis L. und die Täterin Saskia B. ermittelt und erklärte nun auch, dass die beiden Männer rechte Kontakte hätten. Der 24-jährige D., der nur einige Hundert Meter von dem Haus entfernt wohnte, sei polizeibekannt.

An dem Abend waren die drei in der Garage des 31-jährigen L. in Lauenstein und hörten Rechtsrock. D. soll mit L. Bier und fast zwei Flaschen Weinbrand getrunken haben.Im Laufe des Abends bauten sie einen Molotowcocktail, die Anleitung fanden sie im Internet. Laut der 23-jährigen B. habe L. gesagt, dass er richtig feiern wolle, wenn „der Neger brennt“. Mit dem Auto fuhren sie gegen zwei Uhr zu der Unterkunft. L. räumte ein, den Brandsatz geworfen zu haben.

Nach der Tat sollen die beiden anderen D. in der Nähe der Freiwilligen Feuerwehr abgesetzt haben. Er war dort Mitglied, half in der Nacht auch beim Löschen. Beide Männer galten in der Gemeinde mit rund 9.400 Einwohner als „ganz normal“.

Sechs Tage nach dem Anschlag musste der Jugendwart der Freiwilligen Feuerwehr gehen. Auf Facebook hatte er seine Nähe zu Rechtsrockbands, der NPD und dem Pegida-Ableger „Hamgida“ öffentlich gemacht. „Das sind Dinge, die wir nicht akzeptieren können“, sagte Bürgermeister Pommerening.

Andreas Speit