Kritik am Präsidenten ist nicht erwünscht

ALGERIEN Ein Exgeneral sitzt im Gefängnis, weil er den Staatschef und dessen Umfeld kritisiert hat

Der Bruder des kranken Bouteflika soll die Strippen ziehen

MADRID taz | Der algerische General a. D. Hocine Benhadid  „Bazooka“ befindet sich seit zehn Tagen im Hungerstreik. Der einstige Spezialist für Antiter­ror­operationen in den 1990er Jahren in der Region Blida sitzt seit dem 30. September im Gefängnis von El Harrach, einen Vorort von Algier. Er wurde verhaftet, nachdem er Staatschef Abdelaziz Bouteflika und dessen Umfeld kritisiert hatte.

„Mein Mandant läuft ernsthaft Gefahr zu sterben“, erklärte am Wochenende Benhadids Anwalt, Khaled Bourayou. Benhadid leide unter Diabetes. Ohne Behandlung in einem Krankenhaus habe er nur noch wenige Tage zu leben.

Die genauen Vorwürfe gegen Benhadid kennt auch sein Anwalt nicht. Denn der General a. D. untersteht der Militärgerichtsbarkeit und die ist geheim. Anwalt Bourayou befürchtet, dass Benhadid „Verrat militärischer Geheimnisse“ vorgeworfen werden könnte. Darauf stehen bis zu 20 Jahre Haft. Benhadid will mit dem Hungerstreik auf seine Lage hinweisen und die Haftentlassung erzwingen.

Das einzige Vergehen, dessen sich der 70-jährige Benhadid bewusst ist: Er hat in einem Interview Präsident Abdelaziz Bouteflika und dessen engstes Umfeld kritisiert. Der schwerkranke Staatschef sei nur noch „wenige Minuten am Tag bei klarem Bewusstsein“, erklärte er in einem Gespräch am 21. September im Privatsender Radio M. Die Amtsgeschäfte führe der jüngere Bruder Bouteflikas, Said, sowie der stellvertretende Verteidigungsminister Ahmed Gaid Salah und Armeechef Ali Haddad. Benhadid sprach von „mafiösen Machenschaften, um das Reichtum des Landes auszurauben“, und warnte: „Das algerische Volk und die ehrlichen Offiziere sowie die Eliten“ würden keine Erbfolge an der Staatsspitze dulden.

Das aber sei der Plan Said Bouteflikas. Der jüngere Bruder des Staatschefs würde alle ihm nicht wohlwollend gesonnen Militärs und Politiker aus dem Amt drängen, um – sobald der Zeitpunkt gekommen sei – ungehindert als Präsident kandidieren zu können. In den vergangenen Monaten wurde der militärische Geheimdienst aufgelöst, mehrere Minister entlassen sowie mehrere Generäle in den Ruhestand versetzt.

Reiner Wandler