GEHT’S NOCH?
: Leckt uns am Arsch

Die neuesten Enthüllungen rund um Volkswagens Abgasaffäre zeigen, wie egal VW Umwelt, Behörden und Kunden tatsächlich sind

Noch knapp drei Wochen, dann wird Volkswagen seinen Phae­ton beerdigen. Ab Ende März gibt es keine neuen Luxusautos mehr mit dem V und dem W vorne drauf. Als der Wagen mit dem Namen eines Halbgotts 2002 vorgestellt wurde, war er die Inkarnation Wolfsburger Allmachtsfantasien: Wir können alles. Selbst Nobelkarossen.

Tja, können sie nicht. Das Auto floppte. Die Denke aber scheint geblieben und fest in die VW-Managerhirne gedübelt worden zu sein: Wir können alles. Und wir machen es auch.

Anders ist nicht zu erklären, wie VW so dreist sein konnte, während die Behörden in den USA schon gegen sie ermittelten, die eigene Betrugssoftware in Dieselfahrzeugen sogar noch mal zu aktualisieren und zu erweitern. So soll es zumindest laut Rechercheverbund von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR passiert sein. Demnach konnte das Programm, das zum Jahreswechsel 2014/15 in die Fahrzeuge eingespeist wurde, noch besser erkennen, ob das Auto gerade auf der Straße unterwegs ist oder einen Abgastest über sich ergehen lassen muss – mit den bekannten Tricks, die dann angewandt wurden.

Doch nicht nur die Behörden waren VW wohl völlig egal. Auch die Öffentlichkeit, also die Kunden. Denn VW soll die Gesetzesverstöße bewusst nicht bekannt gegeben haben – auch als man längst wusste, dass man aufgeflogen war. Man war wohl davon ausgegangen, sich mit den US-Umweltbehörden auf eine niedrige Strafzahlung einigen zu können. Natürlich sei das Verschweigen keine Vertuschung gewesen, sondern nur im Sinne der Aktionärinnen und Aktionäre. Auch das hat ebenjenes Rechercheteam herausgefunden. Es soll in einer Stellungnahme von VW für das Landgericht Braunschweig stehen, mit der VW Schadenersatzklagen seiner Ak­tio­näre abwehren will.

Bei alldem fragt man sich, ob bei VW wirklich nur ein System des Betrugs herrscht(e) – oder nicht vielmehr ein System der Verachtung: Scheiß auf die Umwelt, auf die Kunden, auf die Behörden. Leckt uns am Arsch. Wir sind Volkswagen. Wir können alles. Außer Luxusautos.

Aber bis VW das geschnallt hat, hat es ja auch 14 Jahre gedauert. Jürn Kruse