Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Am Sonntag bin ich nach Velten gefahren. Das lag zunächst an David Polzin, der an der Kunsthochschule Weißensee studiert hat, unter anderem bei Karin Sander und Eran Schaerf. Seine Ausstellung bei Anselm Dreher heißt „Das graue Haus in Velten“. Ein Pappmodell zeigt einen schlichten, hohen Kasten von einem Haus, von dem man in einem Video erfährt, wie es heute verlassen und heruntergekommen, von Bäumen und Sträuchern umwuchert ist, bevor man in 23 Zeichnungen verfolgt, wie David Polzin das Haus als Kind erlebt hat. Dann lag es aber auch an einem Auto, an das ich via „Monopol“ gekommen bin. Eine Werbe-Banderole um das Heft fragte: „Liebe Frau Werneburg, wie denken Sie über Street-Art? Porsche sucht Testfahrer“. Also, ich denke natürlich sehr hoch von der Street-Art. Und nicht weniger hoch über die Kunst von David Polzin. Denn sie ist so schlicht wie raffiniert und komplex. Polzin zeichnet zum Beispiel sehr akkurat auf Millimeterpapier und trotzdem wird daraus keine Architektur- oder technische Zeichnung. Was nicht daran liegt, dass er so seltsame Konstellationen aufzeichnet wie die „Möbelrückerei im Wohnzimmer“ oder sein „Erstes Haus“, das – strikt nach Gottfried Semper – aus einem Teppich besteht. Nein, Polzins Zeichnungen laden einen direkt zu einem Besuch in die wundersamen Räume des grauen Hauses ein; so, dass man diesen Besuch am Ende wahrmachen möchte. Andy Wauman, wie Polzin Bildhauer, tritt nicht sonderlich gastfreundlich auf – auch wenn er einen mit seinen „Quota Copies“ in der Galerie Bourouina direkt anspricht. Aber schnell wirkt auch seine zunächst ein bisschen einschüchternde und verwirrende, schwarz-weiße Welt der konkreten Poesie unbedingt verführerisch. Denn Waumanns Verwendung von Sprache als visuelles und Gedankenmaterial hat deutlich Pop-Appeal.

David Polzin: Das graue Haus in Velten, bis 12. Dezember, Di–Fr 14–18, Sa 11–14 Uhr, Galerie Anselm Dreher, Pfalzburger Str. 80 Andy Wauman: The Quota Copies, bis 31. Januar, Di–Sa 11–18 Uhr, Galerie Bourouina, Charlottenstr. 1–2