Grüne ziehen eigene Bilanz des Flughafen-Debakels

BER-Untersuchungsausschuss Grüne legen eigenen Abschlussbericht vor. Das stößt auf Kritik

„Die sollen mal weniger Pressekonferenzen machen und mehr arbeiten.“ Es ist Martin Delius von der Piratenfraktion, der Vorsitzende des BER-Untersuchungsausschusses, der diese Worte über seine grünen Ausschusskollegen sagt. Die haben gerade Journalisten eine 64-seitige gedruckte Broschüre präsentiert, mit der sie kurz vor dem eigentlichen Abschlussbericht des Ausschusses eine eigene Bilanz ziehen. Darin führen sie vor allem die schon bekannten Kritikpunkte an dem Großflughafenbau auf, der schon 2010 hätte eröffnet sein sollen; Selbstüberschätzung, zu viele Planveränderungen und unzureichende Kontrolle durch den Aufsichtsrat.

Das Abgeordnetenhaus hatte den BER-Untersuchungsausschuss, der seinen Bericht am 3. Juni beschließen soll, Ende 2012 auf Drängen aller drei Oppositionsfraktionen eingesetzt. Delius wurde nicht über eine eigene Mehrheit im Ausschuss Vorsitzender, sondern weil die Piratenfraktion mit einem Vorsitz an der Reihe war. Er konnte sich dennoch einen Namen als BER-Experte machen. Auch die Grünen kamen am Mittwoch nicht umhin, seine Arbeit unterm Strich als gut zu befinden: „Der hat das nicht ganz schlecht gemacht“, befand der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto.

Otto begründete den eigenen Abschlussbericht mit „Sorge, dass im offiziellen Bericht verschiedene Dinge nicht drinstehen werden.“ SPD und CDU würden im Ausschuss eher das Ziel verfolgen, Regierungsmitglieder aus den eigenen Reihen von Verantwortung freizusprechen. Für Ausschusschef Delius erfordert das aber keinen eigenen gedruckten Bericht: Jede Fraktion, die sich der Mehrheitsmeinung nicht anschließen kann, habe die Möglichkeit, dem von der Ausschussmehrheit beschlossenen Bericht ein Sondervotum hinzuzufügen, das gleichfalls veröffentlicht wird. An einem solchen Votum arbeiten auch noch die Grünen.

Delius kritisierte zudem, die Grünen würden nach Konsequenzen rufen, ohne wirklich Druck in diese Richtung zu machen: „Wenn von einer Fraktion ein Antrag mit Konsequenzen etwa für die Flughafengesellschaft kam, dann waren das nicht die Grünen.“

Auch Jutta Matuschek von der Linksfraktion wunderte sich auf taz-Anfrage über den Extrabericht der Grünen – die den schon länger vorbereitet hatten: Als Redaktionsschluss ist Februar angegeben. „Das klingt für mich so, als gehe es darum, Erster sein zu wollen“, sagte sie. Auch ihre Fraktion will ein Sondervotum einreichen. Matuschek vermisst im Entwurf für den offiziellen Bericht eine klare Zuordnung von Fehlern: „Genau zu sagen: Wer hat wo versagt, das leistet er meiner Ansicht nach nicht“ – da sei nur von einem „Verantwortungsvakuum“ die Rede.

Stefan Alberti