Gericht stützt MHP-interne Kritiker

Türkei Die rechtsnationalistische Partei darf einen Parteitag abhalten. Schlappe auch für Erdoğan

BERLIN taz | Nach dem Debakel bei der Wahl im November 2015 steht MHP-Chef Devlet Bahçeli in der Kritik. Seine parteiinternen Gegner fordern einen Führungswechsel. Die Auseinandersetzung zwischen der Parteiführung und der innerparteilichen Opposition erreichte einen Höhepunkt, als die Parteiführung einen Sonderparteitag per Gerichtsbeschluss verhinderte. Diese Verhinderung war ganz im Sinne der Regierung.

Angeblich auf Anordnung des Gouverneurs von Ankara hinderte die Polizei Parteirebellen mit Barrikaden und Wasserwerfern daran, ein außerordentliches Treffen abzuhalten. Die regierende AKP wollte damit einen Machtwechsel in der MHP unterbinden, da Parteichef Bahçeli der AKP seine Unterstützung für eine Verfassungsänderung angeboten hatte. Derzeit fehlt der Regierungspartei dazu die Mehrheit.

Das oberste Berufungsgericht hat am Montag die Forderung der MHP-internen Opposition nach einem Sonderparteitag als legitim betrachtet und entschieden, dass der Sonderparteitag stattfinden darf. Nach dem Beschluss des Berufungsgerichts kündigte Devlet Bahçeli an, dass er auch Kandidat ist und der Parteitag am 10. Juli mit einer Wahl des Parteivorsitzenden abgehalten werde.

Im November 2015 hatte die MHP die Hälfte ihrer Sitze an die AKP verloren. Deswegen ist das erste Ziel der Gegner des MHP-Chefs, ihre konservativ-nationalen Wähler zurückzugewinnen. Besonders droht dem Parteivorsitzenden mit Meral Akşener, der früheren Innenministerin, eine Rivalin im Kampf um den Parteivorsitz. Akşener kommt aus einer rechtspopulistischen Tradition und könnte damit auch im Lager der AKP Stimmen gewinnen. Zuletzt hatte sich die AKP quasi als alleinige rechtsnationale Kraft positioniert. Mit Akşener könnte die MHP, die im November nur knapp die Zehnprozenthürde übersprang, laut Umfragen sogar über 20 Prozent der Stimmen erzielen.

Eren Caylan