Aus Messi wird „Leo“

Barcelona Fußballstar musste im Steuerprozess aussagen. Eine nur symbolische Anklage?

Fußballstar mit Einlaufkindern: Lionel Messi betritt das Gericht Foto: reuters

BARCELONA taz | Das oberste Provinzgericht von Barcelona liegt an einem palmengesäumten Boulevard zwischen Triumphbogen und Stadtpark. Um Viertel nach zehn steigt Lionel Messi aus einem beigen Van, begleitet von seinem Vater, seinem Bruder und weiteren Vertrauten. Ihn erwarten mehr Journalisten als Passanten. Ein paar Schaulustige klatschen, ein anderer schreit hingegen: „Spiel doch in Panama!“, und zwei Langhaarige mit Rucksack und Bierdose in der Hand fragen, was hier schon wieder gegeben wird.

Messi und seinem Vater Jorge Horacio wird vorgeworfen, zwischen 2007 und 2009 über Scheinfirmen in Uruguay und Belize insgesamt 4,1 Millionen Euro Steuern für Einnahmen aus seinen Bildrechten hinterzogen zu haben. In dem Fall wurde schon vor drei Jahren im Vorort Gavà ermittelt. Damals gingen Bilder um die Welt, wie Messi bei Erscheinen vor Gericht angefeuert und um Autogramme gebeten wurde.

Während die Staatsanwaltschaft in der Folge den Prozess auf den Senior beschränken wollte, bestand das Finanzamt als Geschädigter darauf, auch den Spieler selbst anzuklagen. Horacio und „Leo Messi“, wie die Vertreterin der Anklage vertraulich sagt, als wäre sie nicht Verfahrensgegnerin, sondern auch nur ein weiterer Fan.

Als sie dann vier Experten des Finanzamts zu deren Expertise auffordert, wird es zäh. Jedenfalls für den Fußballstar. Er dreht sich zur Seite, wackelt mit dem Kopf, kratzt sich am Hinterkopf, schaut auf den Boden, wippt die Füße und verschränkt die Hände hinter dem Stuhl. Manchmal auch alles gleichzeitig. Über drei Stunden redet sich vor allem Steuerfahnder Antonio Bergillos in Rage. Für offiziell nur 50.000 Euro hätten die Messis die Bildrechte des Fußballers für zehn Jahre an die Briefkastenfirmen übertragen, verlängerbar für denselben Betrag um weitere zehn Jahre.

Bildrechte von Fußballern wie Messi sind mehrere Mil­lio­nen Euro pro Jahr wert. Wie sollte sich das Finanzamt da mit der Angabe von 50.000 Euro zufriedengeben? Zu erklären ist das womöglich nur durch das damalige Gefühl der Messis, unangreifbar zu sein. Was ja früher auch wirklich der Fall war. Erst durch die Wirtschaftskrise haben Steuervergehen in Spanien den Rang eines Kavaliersdelikts verloren.

22 Monate Haft fordert die Behörde für beide Messis, zwei Monate weniger als die Obergrenze, über der Strafen nicht mehr zur Bewährung ausgesetzt werden. Doch die Anklage des Spielers ist wohl vor allem symbolisch.

„Ich weiß nichts von all diesen Themen, und sie haben mich ehrlich gesagt nie interessiert“, sagt Messi, als nach stundenlangem Zuhören nun die erneute Vernehmung beginnt. Sein Papa allerdings überrascht mit der Aussage, auch er hätte keine Ahnung von Belize gehabt. Alles sei das die Idee und damit auch Schuld der Finanzberater gewesen.

Vom Verhör über eine mögliche Weiterführung des Steuerbetrugs via Panama bleibt das Paar verschont. Über eine dortige Firma sollen sie versucht haben, die Konstruktion nach ihrem Auffliegen fortzusetzen.

Am Ende streicht sich Messi noch mal über seinen neuen Dreitagebart, glättet seinen dunklen Anzug und macht sich schnell davon. Für ihn geht es jetzt in die USA, wo heute der Copa América beginnt. Argentinien steigt am Montag gegen Chile ins Turnier ein, für Messi könnte das wegen Rücken­beschwerden noch knapp werden, aber zum zweiten Spiel sollte er wieder einsatzfähig sein. Gegner dann: Panama.

Florian Haupt