Misstrauensantrag wegen mangelndem Misstrauen

DebakelRheinland-Pfalz verkauft einen Flughafen an chinesische Investoren, die sich später als Hochstapler erweisen. Welche Schuld trägt die Landesregierung?

Malu Dreyer Foto: Arne Dedert/dpa

MAINZ taz | Als „Fiasko mit Ansage“ hat die rheinland-pfälzische Oppositionsführerin Julia Klöckner (CDU) den geplatzten Verkauf des Regionalflughafens Hahn an einen chinesischen Investor bezeichnet. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sei dafür persönlich verantwortlich und müsse deshalb gehen, begründete Klöckner einen Misstrauensantrag der CDU. Am Donnerstag entscheidet der Landtag in namentlicher Abstimmung. Die rot-gelb-grüne Ampel dürfte dabei der Ministerpräsidentin geschlossen das Vertrauen aussprechen.

Dabei hatte Klöckner am Dienstag im Landtag eindringlich an die Abgeordneten von Grünen und FDP appelliert, den Weg für einen „Neuanfang“ in Rheinland-Pfalz frei zu machen. Doch auch die umworbenen Liberalen zeigten Klöckner die kalte Schulter. Der FDP-Fraktionvorsitzende Thomas Roth sprach von „Klamauk“. Klöckner spreche noch vor Klärung der Fakten ein Urteil, so der Chef der Liberalen.

Dennoch gerät die Affäre um den Hahn zur bitteren Lachnummer für die gerade erst gestartete Ampelregierung. Es geht um viele Tausend Arbeitsplätze in einer strukturschwachen Region. Seit Jahren schon sucht die Landesregierung fieberhaft nach einem Investor für den ehemaligen Militärflughafen der U.S. Army. Als Vorzeigeprojekt der Konversion gestartet, fliegt er inzwischen als Zivilflughafen Millionenverluste ein. Spätestens in acht Jahren ist Schluss mit den staatlichen Subventionen, so will es die EU.

Bislang zeigten nur drei Bieter Interesse. Das beste und plausibelste Angebot gab vor mehr als einem Jahr die chinesische Shanghai Yiqian Trading (SYT) ab. „Wir mussten wegen EU-Rechts mit der SYT verhandeln“, sagen die Verantwortlichen heute, „sie hatte am meisten geboten.“ Die SYT versprach Millioneninvestitionen, zum Beispiel in ein Luxushotel, das Frachtaufkommen sollte vervielfacht werden. Ende Juni kam es zum Vertragsabschluss.

Heute fragt man sich: Waren die Versprechungen realistisch, ein Luxushotel auf dem Hunsrückbuckel, auf der grünen Wiese, fernab von Zugverbindungen und Autobahnen? Die Investoren hätten mit den rasant steigenden Touristenzahlen und der wachsenden Mittelschicht in China argumentiert, heißt es.

Erst als Anfang des Monats die erste fällige Zahlung ausblieb, schrillten in Mainz die Alarmglocken. Zunächst machten sich Journalisten nach China auf, um den SYT-Firmensitz auszukundschaften und berichteten über Merkwürdigkeiten. Vor zehn Tagen schließlich reiste der Mainzer Innenstaatssekretär Randulf Stich (SPD) persönlich nach Schanghai. Während er mit den vermeintlich seriösen Investoren zusammensaß, die ihn zu beschwichtigen versuchten, begab sich in seinem Auftrag eine chinesische Rechtsanwältin mit einem von SYT eingereichten Liquiditätsnachweis in eine Filiale der Bank of China. Die Mitarbeiterin der Bank habe den Beleg sofort als Fälschung erkannt, berichtete der Chinareisende später.

Heute fragt man sich: Waren die ­Versprechungen realistisch?

Dem Generalstaatsanwalt in Koblenz liegt inzwischen eine Betrugsanzeige wegen arglistiger Täuschung vor. Das Land will die Verträge rückabwickeln. Zwischen Verantwortlichen des Landes und dem beteiligten Beratungsunternehmen KPMG hat ein Schwarze-Peter-Spiel begonnen, wer für die schlampige Recherchen die Verantwortung trägt.

Doch eine Frage kann derzeit keiner beantworten: Anders als beim Debakel um die Privatisierung des Nürburgrings sind in diesem Fall keine Steuermillionen an windige Investoren geflossen. Erst nach Erstattung des Kaufpreises und erheblichen Investitionen wären Gelder des Landes an den Investor geflossen. Wo ist das Motiv für die Investoren, die bereits viel Geld in die teure Operation gesteckt ­haben? Christoph Schmidt-Lunau