Chronik eines Justizfalls ohne Ende

Justiz Das Verfahren ist beendet, ermittelt wird trotzdem weiter

SCHMIEDEBERG taz | Am 7. Januar 2005 kommt der damals 36-jährige Oury Jalloh bei einem Brand in einer Zelle des Dessauer Polizeireviers ums Leben. Der Mann aus Sierra Leone wurde in Gewahrsam genommen, weil ihm vorgeworfen wurde, Frauen belästigt zu haben. Er wurde an Händen und Füßen gefesselt.

Im Mai 2005 erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei Polizisten. Ein Dienstgruppenleiter soll den Rauchmelder der Zelle ignoriert haben. Ihm wird Körperverletzung mit Todesfolge vorgeworfen. Der zweite Beamte wird wegen fahrlässiger Tötung angeklagt, weil er ein Feuerzeug in Jallohs Hose übersehen haben soll. 2006 kommen Gutachter zu dem Schluss, dass der angeklagte Dienstgruppenleiter am 7. Januar 2005 falsch reagiert habe. Nach Einschätzung von Brandexperten wäre Jalloh „bei rechtzeitigem und sachgerechtem Handeln“ des Polizisten zu retten gewesen. Im Dezember 2008 spricht das Landgericht Dessau-Roßlau die beiden angeklagten Polizisten frei. Die Vorgänge auf dem Revier waren nicht aufzuklären.

2010 entscheidet der Bundesgerichtshof in Karlsruhe, dass der Prozess gegen den Dienstgruppenleiter neu aufgerollt werden muss. Im Dezember 2012 verurteilt das Landgericht Magdeburg den Beamten wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 90 Euro. Dagegen legen der Verurteilte, die Staatsanwaltschaft sowie die Nebenklage Revision ein. 2014 bestätigt der Bundesgerichtshof das Urteil. Damit ist die Verurteilung in letzter Instanz rechtskräftig abgeschlossen.

Im November 2013 stellt die „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ ein neues Brandgutachten vor, nach dem Jalloh das Feuer in der Zelle nicht selbst gelegt haben kann. Die Aktivisten hatten mit einem irischen Brandgutachter Matratzen und Schweinekadaver angezündet und kamen zum Ergebnis, dass Jalloh mit Benzin übergossen und angezündet worden sein muss.

Die Staatsanwaltschaft erklärt, die Akte Jalloh sei noch nicht geschlossen. Es werde weiter ermittelt, wie es zum Brand gekommen ist. Christian Jakob