Schlechte Fitness oder Kommunikation?

Gesundheit Die republikanische Gerüchteküche brodelt nach Hillary Clintons Zusammenbrucham Sonntag. Daran trägt auch die mangelnde Transparenz ihrer Kampagne eine Mitschuld

Hillary Clinton, nachdem sie eine Pause im Apartment ihrer Tochter Chelsea gemacht hat Foto: Andrew Harnik/ap

Aus New York Dorothea Hahn

Knapp zwei Monate vor den Präsidentschaftswahlen in den USA hat die demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton eine gesundheitliche Schwäche gezeigt, die politische Konsequenzen haben könnte. Am Sonntagvormittag musste sie vorzeitig die Zeremonie zu Ehren der Toten am Ground Zero in New York verlassen. Ein Video zeigt die 68-Jährige, wie sie kraftlos und offenbar ohne Kontrolle über ihren Körper an einem Pfosten lehnt, daraufhin von mehreren Secret-Service-MitarbeiterInnen in eine schwarze Limousine hineingehievt und in die Wohnung ihrer Tochter am Gramercy Park in Manhattan gebracht wird.

Zwei Stunden später kam Clinton mit einer dunklen Sonnenbrille und einem Lächeln im Gesicht zurück auf die Straße. Sie konnte wieder gehen, brauchte keine fremde Hilfe und blieb eine halbe Minute lang für ein Foto zusammen mit einem kleinen Mädchen auf dem Trottoir stehen. Die Frage einer Reporterin nach ihrem Befinden beantwortete sie mit einem: „Ich fühle mich großartig. Dies ist ein wunderbarer Tag in New York.“

Während Clinton vor den Kameras zeigte, dass sie wieder obenauf ist, versuchten ihre SprecherInnen den Schwächeanfall herunterzuspielen. Zunächst sprachen sie von „Überhitzung“ und „Austrocknen“. Dabei war es, als Clinton die Zeremonie um 9.30 morgens verließ, noch nicht einmal 26 Grad warm. Erst nach mehreren Stunden entschloss sich die Kampagne zuzugeben, dass bei Clinton schon am Freitag eine Lungenentzündung diagnostiziert worden war. Kurz danach verlautbarte Clintons Hausärztin Lisa Bardack, dass ihre Patientin sich „gut“ erhole. Bardack hatte im Juli vergangenen Jahres in einem medizinischen Gutachten veröffentlicht, Hillary Clinton sei bei exzellenter Gesundheit und „tauglich für das Amt“ im Weißen Haus.

Eine Lungenentzündung kann jedeR bekommen. Allerdings ist die Erholung abhängig vom Alter und der allgemeinen Konstitution. Clinton ist bekannt für ihre Ausdauer und ihr körperliches Durchhaltevermögen, das sie nicht nur in dieser Präsidentschaftskampagne, sondern auch als Außenministerin bewiesen hat. Doch zugleich zirkulieren seit Jahren Gerüchte über ihre angeblich angeschlagene Gesundheit, die von republikanischer Seite immer wieder neu lanciert werden. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump, der seine GegenspielerInnen (darunter auch die weitaus jüngeren Männer, mit denen er im Vorwahlkampf konfrontiert war) gern als „Schwächlinge“ und als „wenig energetisch“ verunglimpfte, hat auch Clinton immer wieder als untauglich und „nicht stark genug“ für das Amt bezeichnet. Über seine eigene Gesundheit hat er bislang nur oberflächlich Auskunft gegeben.

Clinton ist bekannt für ihre Ausdauer und ihr körperliches Durchhaltevermögen

Eine der – durch nichts bewiesenen – republikanischen Behauptungen über Clintons Gesundheit lautet, sie habe Anfänge von Parkinson. Die Gerüchte gehen auf einen Sturz im Dezember 2012 zurück. Kurz vor Ende ihrer Amtszeit als Außenministerin musste Clinton anschließend wegen eines Blutgerinsels hinter dem Ohr stationär behandelt werden.

Doch neben der gesundheitlichen Situation enthüllt die Episode vom 11. September erneut eine andere, möglicherweise folgenreichere Schwäche Clintons, die sich quer durch viele Bereiche zieht: den Mangel an Transparenz und Kommunikation. Noch in der vergangenen Woche, nach einem Hustenanfall bei einer Veranstaltung in Cleveland, behauptete sie, sie leide an „saisonbedingten Allergien“. Nachdem sie in den 90er Jahren als First Lady von „rechten Verschwörungstheorien“ über das Sexleben ihres Mannes gesprochen hatte, sagte sie vergangene Woche, es gebe so viele Verschwörungstheorien über ihre Gesundheit, dass sie den Überblick verloren habe.

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