Steuer-CD gilt als Beweis für Hausdurchsuchung

GERICHTSHOF FÜR MENSCHENRECHTEEntscheidung zu Liechtensteiner Steuerdaten kein Grundsatzurteil

KARLSRUHE taz | Die Daten aus einer vom BND angekauften „Steuer-CD“ durften für Ermittlungen gegen mögliche Steuerhinterzieher verwendet werden. Das entschied jetzt der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte und bestätigte die Urteile deutscher Gerichte. Im Januar 2006 kaufte der Bundesnachrichtendienst (BND) von dem Exbänker Heinrich Kieber eine CD mit illegal kopierten Steuerdaten der Liechtensteiner LGT-Bank. Darauf fanden sich Hinweise auf rund 800 mutmaßliche deutsche Steuerhinterzieher.

Die Bochumer Staatsanwaltschaft übernahm die Ermittlungen und ließ im April 2008 auch das Haus eines älteren Ehepaars aus Bayern durchsuchen. Dem Ehepaar wurde vorgeworfen, dem Fiskus beträchtliche Zinseinkünfte in Liechtenstein verschwiegen und damit von 2002 bis 2006 rund 100.000 Euro Steuern hinterzogen zu haben. Bei der Hausdurchsuchung wurden fünf Computer und ein Umschlag mit Bank-Unterlagen beschlagnahmt.

Das Ehepaar, das letztlich vom Landgericht Nürnberg freigesprochen wurde, hielt schon die Hausdurchsuchung für rechtswidrig, da sie auf illegal erlangten Daten beruhe. Klagen gegen die Hausdurchsuchung hatten aber keinen Erfolg. Auch das Bundesverfassungsgericht lehnte 2010 eine Beschwerde des Ehepaars ab. Selbst wenn der Ankauf der CD rechtswidrig gewesen wäre, hätten die Daten zur Strafverfolgung verwendet werden dürfen. Ein Beweisverwertungsverbot gebe es in Deutschland nur bei schweren Menschenrechtsverletzungen und bewusster, systematischer Missachtung der Gesetze.

Der Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte hatte dagegen nun keine Einwände. Die Verwendung der Steuer-CD für Ermittlungen sei legal, vorhersehbar und verhältnismäßig gewesen. Zum damaligen Zeitpunkt habe es auch noch keine Hinweise auf „absichtlichen und systematischen“ Bruch der deutschen Gesetze gegeben. Die deutschen Gerichte seien im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums geblieben.

Der Ankauf der Liechtensteiner Steuer-Daten war allerdings der erste Kauf einer Steuer-CD durch den deutschen Staat. Insofern ist die Straßburger Entscheidung wohl noch kein Grundsatzurteil zum regelmäßigen Ankauf von Steuer-Daten. Ab 2010 kaufte vor allem Nordrhein-Westfalen mehrfach Steuer-CDs an und löste damit auch eine Flut von Selbstanzeigen aus. In einer jüngst veröffentlichten Bilanz sprach das Düsseldorfer Finanzministerium von Einnahmen in Höhe von 2,3 Milliarden Euro.

Eine abschließende gerichtliche Entscheidung, ob der Ankauf von illegal kopierten Steuerdaten zulässig ist, existiert bis heute nicht. Allerdings hat der Bundestag 2015 eine gesetzliche Regelung im Strafgesetzbuch getroffen. Dabei wurde das neue Delikt der „Datenhehlerei“ eingeführt (§ 202d). Die Strafnorm soll aber nicht für Daten gelten, die ausschließlich einem „Besteuerungsverfahren“ zugeführt werden. Christian Rath