Geflüchtete ohne Wahl

WOHNORT-DIKTAT

Wer Pech hat, muss im Kaff bleiben: In Schleswig-Holstein wird gerade darüber diskutiert, die Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge einzuführen. Das sagte der Sprecher des schleswig-holsteinischen Innenministeriums Patrick Tiede. Das Ministerium verhandelt mit den VertreterInnen der kommunalen Landesverbände über die Umsetzung des Gesetzes. Einigen sie sich, müssen sich Geflüchtete drei Jahre lang vorschreiben lassen, in welcher Stadt oder Gemeinde sie leben.

Davon ausgenommen sind nur diejenigen, die mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten und mehr als den Sozialhilfesatz von 712 Euro verdienen. Allen anderen werden, wenn sie sich der Auflage widersetzen, die Leistungen gestrichen.

Die Wohnsitzauflage ist Teil des Anfang August in Kraft getretenen Integrationsgesetzes der Bundesregierung, die Umsetzung ist Ländersache. Bisher machen das nur Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen. Nach der Genfer Flüchtlingskonvention gilt eigentlich die Wahl des freien Wohnorts. Die Bundesregierung argumentiert aber, Ghettobildung vermeiden zu wollen, und versteht die Wohnortbindung als Beitrag zur Integration.

Kommt die Auflage in Schleswig-Holstein wirklich, freut sich einer ganz besonders: Ex-Landesinnenminister Andreas Breitner, der heute Vorsitzender des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen ist. Er hatte Anfang der Woche das Land aufgefordert, die Auflage einzuführen. Natürlich aus rein humanitären Gründen – den Vorwurf, leer stehende Immobilien in entlegenen Gegenden an Geflüchtete vermieten zu wollen, wies er von sich. Die Fakten legen aber etwas anderes nahe: Die Unterbringung von Geflüchteten ist ein gutes Geschäft. In 1.600 Wohnungen von Mitgliedsunternehmen des Verbandes seien derzeit 3.600 Geflüchtete untergebracht, gab er an. ksch