Ausflug zum Rasenball
: Mit Mainz bei roten Bullen

Sonntag, 15 Uhr, Block 42 in der Red-Bull-Arena. Mein Verein, der 1. FSV Mainz 05, ist zu Gast bei RB Leipzig, meistgehasst von Anhängern anderer Clubs und bisher ungeschlagen. Spielerisch mache ich mir wenig Hoffnung. Gut, das ist gelogen, natürlich hoffe ich – ich bin Fußballfan – aber ich bin auch gespannt auf RB und seine Fans.

Ja, es gibt RB-Leipzig-Fans. Genug, um den öffentlichen Nahverkehr zu überfordern. Ein Tipp für alle zukünftigen Gäste: sehr früh hinfahren, laufen oder einplanen, in die ersten drei überfüllten Bahnen nicht einsteigen zu können.

Im Stadion muss niemand dicht gedrängt stehen, es gibt nur Sitzplätze. Auf dem Weg dorthin betätigt man sich körperlich: Erste Treppe rauf, ein Pfeil nach rechts, darunter steht „Gästesektor“. Ich gehe nach rechts, beim nächsten Einlass sehe ich keinen Pfeil mehr. Ich frage nach: „Da vorn die Treppe runter, geradeaus, Treppe wieder rauf.“ Treppen machen nicht sympathisch.

Wraps und Dixi-Klos

Dafür ist die Red-Bull-Arena das erste Stadion, in dem ich als Vegetarierin nicht im Nachteil bin (es gibt Wraps!) – und als Frau bei den Toiletten sogar im Vorteil. Offenbar gibt es keine extra Herrentoiletten für den Gästeblock. Es wird auf Dixi-Klos verwiesen, die liegen allerdings am anderen Ende des Treppenmarathons. „Ich verstehe, warum die ein neues Stadion bauen“, murmelt jemand kopfschüttelnd.

Kopfschütteln verursacht auch der Leipziger Stadionsprecher. Tim Thoelke, der sich selbst bei Facebook unter anderem als „Entertainment-Aktivist“ beschreibt, trägt Anzug, Krawatte und viel Gel in den Haaren. Entertainment-Aktivist – vielleicht. Stadionsprecher? Nein, definitiv nicht. Beim Verkünden der Aufstellung hüpft er künstlich übers Spielfeld, und ich muss an amerikanische Marching-Bands denken. An Fußball jedenfalls nicht, woran auch Nebelmaschinen und dramatische Musik nichts ändern.

Gefühltes Derby

Doch der Stimmung schadet das nicht. Während die Mainzer – trotz 3:1-Niederlage – zeigen wollen, was „echte“ Fans sind, wollen die Leipziger zeigen, dass ihnen das niemand zeigen muss. Es fühlt sich etwas wie ein Derby an, auch beim Verlassen des Stadions. Die Mainzer werden zu Shuttlebussen geleitet, und die Busse bekommen eine Polizeieskorte.

RB gegen Mainz, ein Hochsicherheitsspiel? Ich wünsche mir mehr Gelassenheit. Ja, es ist schwer mit so viel Ablehnung. Aber wer sportlich so erfolgreich ist, muss bei einem Sieg nicht gleich den Gästen mit dem Taschentuch winken. Vielleicht fängt man dann sogar an, sich ein bisschen zu mögen – okay, wenigstens zu akzeptieren. (jure)