„Als wollten sie sie treffen“

PROZESS Pinkeln vor Polizeiwagen ist teuer: Das Bremer Amtsgericht verurteilte einen 40-Jährigen zu einem Bußgeld, weil er an eine grüne Minna urinierte

200 Euro. Ein teurer Abend sollte der des 1 : 0-Sieges von Werder Bremen im DFB-Pokal für den Bremer Pierre R. werden. Und das wegen einer „Riesendummheit“, wie er es heute nennt. Weil er gegen einen Polizeiwagen gepinkelt hat, verurteilte das Bremer Amtsgericht den 40-Jährigen gestern zu einem Bußgeld wegen Beleidigung.

Nach dem Pokalfinalspiel zwischen Bayer Leverkusen und Werder Bremen Ende Mai sei er mit Freunden und Verwandten vom Domshof ins Viertel gezogen, sagte der Angeklagte R. vor Gericht. „Ich hatte reichlich durcheinander getrunken an dem Abend“, so R., „und war sehr angetrunken“.

Hinter der Sielwall-Kreuzung habe er dann die Hose aufgemacht – um vor einen Polizeiwagen zu pinkeln. „Ich weiß nicht, welcher Vollidiot mich da geritten hat“, so R.

Zum Pinkeln sei er allerdings nicht wirklich gekommen: Bevor er habe loslegen können, seien mehrere Polizeibeamte aus dem Wagen gesprungen und hätten ihn zu Boden gedrückt. „Ich konnte nicht mal richtig einpacken“, schilderte R. mit rotem Kopf das Geschehen, „und habe mir in die Hose gemacht“.

Die Ausführungen des Angeklagten ergänzte der Vorsitzende Richter Ulrich Hoffmann um die Schilderungen im Polizeibericht: Demonstrativ soll sich R. vor den Polizeiwagen gestellt haben. Und sich urinierend zu den Polizisten umgedreht haben, als diese ausstiegen. „Es soll den Eindruck gemacht haben, als wollten sie sie treffen“, so Hoffmann. Zudem soll R. sich gewehrt haben, als die Polizisten versuchten, ihn zu Boden zu drücken. „Ich wollte nur einpacken“, erklärte der, „das war alles“. Der Vorfall tue ihm leid, sagte er. Schon auf der Polizeiwache habe er sich bei den betroffenen Polizisten entschuldigt.

Als „nicht besonders erwachsen“ rügte Hoffmann Rs. Pinkelei. Und verhängte 200 Euro Bußgeld wegen Beleidigung. „Das soll ein kleiner Denkzettel sein“, so der Richter.

Bei Beleidigungen wie dieser stellten PolizistInnen nach seinem Eindruck immer öfter Strafanzeige, sagte Hoffmann der taz, und würden diese mit zunehmender Tendenz mit Anträgen auf Schmerzens- oder Schadensgeld verbinden. Die PolizeibeamtInnen seien dann nicht nur als ZeugInnen an den Verhandlungen beteiligt, sondern auch als AnspruchstellerInnen. „Eine unglücklichen Verquickung von Funktionen“, so Hoffmann. Denn das Gericht sei darauf angewiesen, dass sie als Zeugen vollständig aussagen.

Horst Göbel, Bremer Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, führt die erhöhte Anzeigebereitschaft von PolizistInnen auf den „Ton draußen“ zurück. Der sei rauer geworden. Straftaten gegenüber PolizistInnen müssten schnell und hart bestraft werden, so Göbel. „Schließlich treten die für die Rechtsordnung ein.“ Und: „Sie werden nur beleidigt, weil sie Polizisten sind, privat würde ihnen das nicht passieren.“ AG