BUND will Bioställe mit weniger Tieren

Landwirtschaft Umwelt- und Verbraucherschützer fordern von EU-Kommission Vorschlag für neue Ökoverordnung mit mehr Schutz gegen Betrug

Soll nicht mehr mit 39.999 Artgenossen zusammenleben Foto: reuters

BERLIN taz | Umwelt- und ­Verbraucherschützer fordern von der EU-Kommission einen neuen Entwurf der Regeln für Biolebensmittel. „Der Reformprozess muss von vorne ­beginnen. Beim alten Entwurf für eine neue Ökoverordnung hatte man von Anfang an den Eindruck, die Kommission wolle das Anwachsen des Ökolandbaus verhindern“, sagte der Vorsitzende des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Hubert Weiger, der taz. „Mit der aktuellen Vorlage gibt es keine Aussicht auf wirkliche Verbesserungen“, ergänzte Jutta Jaksche, Lebensmittelexpertin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).

Beide lehnten den Plan der Kommission ab, für Biolebensmittel einen eigenen Pestizidgrenzwert einzuführen. Wegen dieser Frage haben die EU-Institutionen nach jahrelangem Streit ihre Verhandlungen über die Bioreform am 7. Dezember auf unbestimmte Zeit verschoben. „So ein Grenzwert würde Biobauern verantwortlich machen für die Abdrift von konventionellen Feldern“, so Weiger. Jaksche warnte, dass wegen verstärkter Kontrollen auf Pestizidrückstände andere Bedingungen der ökologischen Landwirtschaft wie das Verbot mineralischer Stickstoffdünger nicht mehr so genau überprüft würden.

BUND und vzbv verlangen aber sehr wohl, dass die bestehende Verordnung geändert wird. „Bei Betrugsfällen dürfen Unternehmen, Kontrollstellen und Behörden nicht erst dann Entscheidungen treffen, wenn die betroffenen Lebensmittel bereits verdorben sind. Wir brauchen klare Fristen“, so Weiger. „Die im Kommissionsentwurf vorgesehene Zweimonatsfrist zur Entscheidung von Verdachtsfällen ist zu lang“, ergänzte Jaksche. Sie forderte auch, „klare Kommunikationswege bei grenzüberschreitenden Verstößen“.

Weiger sprach sich außerdem dafür aus, die Zahl der Tiere pro Biobetrieb zu begrenzen. „Die Obergrenze muss deutlich unter dem Limit liegen, für das bei Stallneubauten generell eine Beteiligung der Öffentlichkeit vorgeschrieben ist.“ Das Limit liegt etwa bei Legehennen bei 40.000 Tieren. Derzeit leben oft bis zu 30.000 Biohühner in einer Farm, nach Weigers ­Auffassung zu viele. „Ab einer bestimmten Bestandsgröße funktioniert Weide­haltung oder Auslauf nicht mehr in dem Maße. Die Hennen konzentrieren sich in Stallnähe und verteilen sich nicht gleichmäßig auf der Fläche. Das führt zu Belastungen der Böden.“

Der Umweltschützer will auch, dass Biobauern in absehbarer Zeit kein konventionelles Saatgut mehr benutzen dürfen. „Wir brauchen dafür aber Übergangszeiträume. Die EU-Staaten müssen außerdem die Zuchtanstrengungen der Bioverbände stärker unterstützen.“ Außerdem plädiert Weiger dafür, Teil­umstellungen von Betrieben auf Bio zu verbieten. Wenn ein Hof auch konventionell produziert, kann das Betrug erleichtern.

Der BUND sei daran interessiert, dass der Ökolandbau wachse, weil dieser am ehesten Boden, Luft, genetische Ressourcen und Biotopelemente schütze, so Weiger. Jost Maurin