Protest gegen Sicherheitskonferenz: Friedensbewegt vs. Querfront

Zur Sicherheitskonferenz in München rufen zwei Bündnisse zu Protesten auf. Beide kritisieren die Nato – von links und von rechts.

Demonstranten vor einem Hotel

Das Aktionsbündnis „Gegen die Münchener Sicherheitskonferenz“ protestiert vor dem Bayerischen Hof Foto: dpa

BERLIN taz | Claus Schreer, 78-jähriger Friedensaktivist, ist besorgt: Wenn am Samstag die von ihm seit 2002 organisierte traditionelle linke Großdemonstration gegen die Münchener Sicherheitskonferenz (Siko) unter dem Motto „Frieden statt Nato – Nein zum Krieg“ am Stachus zusammenkommt, wird weniger als einen Kilometer entfernt, am Rindermarkt, eine Parallelveranstaltung um Teilnehmer buhlen. „Dabei handelt es sich um ein rechtslastiges Personenbündnis von Pegida-, AfD- und NPD-Anhängern“, so Schreer.

„Raus aus der Nato“ heißt das Motto auch dort – ausgerufen von der „Friedensbewegung bundesweite Koordination“. Die ist hervorgegangen aus den „Mahnwachen für den Frieden“, die 2014 bundesweit für Aufsehen sorgten, auch weil auf ihnen linke Aktivisten mit rechten Agitatoren wie dem Compact-Chefredakteur Jürgen Elsässer zusammentrafen.

Schreer kritisiert den Namen der konkurrierenden „Friedensbewegung“ als „Anmaßung, mit dem offensichtlich Verwirrung gestiftet werden soll“. Er fürchtet, dass unbedarfte Teilnehmer sich davon anziehen lassen könnten.

Als Sprecher der Demonstration der „Friedensbewegung“ fungiert Stephan Steins, gleichzeitig Betreiber des Internetblogs Rote Fahne. Diese stellt sich zwar in die Tradition von Liebknechts und Luxemburgs KPD, bedient aber tatsächlich Querfront-Theorien. So werden auf der Seite Pegida-Aufmärsche als ,,antifaschistisch“ bezeichnet und deren Gegner als ,,Nato-Faschisten“ tituliert. Erst im Januar schrieb Steins: „Masseneinwanderung und Überfremdung der Europäischen Republiken und Kulturräume dienen dem Imperialismus.“ Dieser, verkörpert durch die USA, ist Leitmotiv nahezu jedes Artikels.

4.000 Teilnehmer angemeldet

In dieser einfachen Feindlogik und mit der Vermischung von rechten und linken Positionen schreiten Steins Rote Fahne und die „Friedensbewegung“ Seit an Seit. Unter den 100 Erstunterzeichnern des Grundsatzpapiers des „Friedens“-Bündnisses vom Juni 2015, das einen „antifaschistischen“ Grundkonsens formuliert, finden sich Personen, die öffentlich die NPD verteidigen, in so­zia­len Netzwerken mit Reichsbürgerausweisen posieren oder zur Wahl der AfD aufrufen.

Eine der wenigen Prominenten auf dieser Liste ist die ehemalige Pegida-Frontfrau Kathrin Oertel. Im vergangenen Jahr wollte die sich noch in Schreers Demo einreihen, wurde aber des Zuges verwiesen.

C. Schreer zur Friedensbewegung

„Es handelt sich um Pegida-, AfD-, und NPD-Anhänger“

Das traditionelle Anti-Siko-Bündnis von Schreer, dem von Linkspartei bis Attac und DKP etwa 90 Organisationen angehören, distanziert sich seit jeher von völkisch-nationalistischen Ideologien, Rassismus und Antisemitismus. Gegen die Konkurrenzveranstaltung hat es jüngst eine Erklärung verfasst. „Zahlreiche Akteure dieser selbst­ernannten ‚Friedensbewegung‘ sind so rechtslastig, dass wir mit ihnen absolut nichts zu tun haben wollen“, heißt es darin.

Auf die Vorwürfe angesprochen, reagiert Steins abweisend: „Der Vorwurf der „Rechtslastigkeit“ ist absurd und dient allein der politischen Stimmungsmache und Desinformation seitens interessierter Kreise.“

Trotz ähnlicher Punkte in den Aufrufen beider Bündnisse – Auflösung der Nato, Schluss mit dem Konfrontationskurs gegen Russland, Abzug der Atomwaffen aus Deutschland – sind die Unterschiede offensichtlich. Die Siko-Gegner um Schreer zielen auf die Bundesregierung, fordern Abrüstung, Auflösung der Bundeswehr und sehen diese auch bei globalen Themen in der Verantwortung. Anders die „Friedensbewegung“, die jede ihrer Forderungen auf die USA münzen.

Schreer hat 4.000 Teilnehmer angemeldet, so viele wie in vergangenen Jahr, hofft angesichts der aktueller Auf­rüstungsdebatten allerdings auf mehr. Steins rechnet für seine „Friedensbewegung“ mit „lediglich einigen hundert Teilnehmern“.

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