El Niño schlägt zu: überall Schlamm, kaum Trinkwasser

Peru Überschwemmungen nach Starkregen: Notstand in großen Teilen des Landes verhängt

Alles verloren, nur nicht den Glauben: Sektenpredigerin stalkt Helfer Foto: Martin Mejia/ap

BUENOS AIRES taz | Peru versinkt im Schlamm. Nach wochenlangen heftigen Regenfällen sind zahlreiche Flüsse über die Ufer getreten. Ein Erdrutsch in der nordperuanischen Stadt Otuzco forderte Ende vergangener Woche allein zehn Menschenleben, darunter viele Lastwagenfahrer, die in ihren Trucks von den Geröllmassen und Schlammlawinen überrascht und verschüttet worden waren. Zugleich ist eine der wichtigsten Hauptverkehrsstraßen zwischen der Hauptstadt Lima und dem Zentrum des Landes unpassierbar.

Schon jetzt ist die Bilanz erschreckend: 75 Tote, 263 Verletzte, und noch immer werden 20 Personen vermisst. 100.000 Menschen verloren alles, über 600.000 Teile ihres Hab und Guts, so die Angaben des nationalen Katastrophenzentrums. Über 811 der rund 2.800 Bezirke des Andenstaates wurde der Notstand verhängt. Die Schulen im Großraum der Hauptstadt Lima sind geschlossen.

Die Schadenssumme ist noch gar nicht zu beziffern. Eine Entspannung der Hochwasserlage ist ebenfalls noch nicht anzusehen. Mit weiteren Katastrophenmeldungen ist zu rechnen. Der peruanische Wetterdienst Senamhi hat auch für die kommenden Wochen starke Regenfälle vorhergesagt.

„Es ist zweifellos eine schwierige Situation“, versuchte Perus Präsident Pedro Pablo Kuczynski eine Katastrophenstimmung zu vermeiden. Man habe die nötigen Mittel, um der Lage Herr zu werden. Rund 720 Millionen Euro Hilfsgelder stünden zum Wiederaufbau schon jetzt zur Verfügung. Bisher wurden 2.000 Tonnen Hilfsgüter verteilt.

Große Sorgen bereiten die Versorgung mit Trinkwasser und die kräftig angestiegenen Preise der Lebensmittel. Betroffen ist auch das Nachbarland Ecuador. Die Zahl der unmittelbar Geschädigten geht auch dort in die Tausende, bisher kamen in Ecuador 14 Menschen ums Leben.

Die Regenfälle hatten Ende Januar begonnen. Die Meteorologen machen eine besondere Variante des Wetterphänomens El Niño dafür verantwortlich, den sogenannten El Niño costero, den Küsten-El-Niño.

Beim El Niño erhöht sich die Wassertemperatur des Pazifiks in der gesamten Äquatorzone hoch bis an die US-Küste und führt nicht nur zu heftigen Regenfällen in der unmittelbaren Region, sondern hat weltweite Auswirkungen, wie etwa ein schwächerer Monsunregen in Indien, ein sehr kalter Winter in Europa und heftige Taifune in Asien.

Beim Küsten-El Niño erhöht sich die Wassertemperatur des Pazifiks nur in der Küstenzone vor Peru und Ecuador. Das wird durch die zeitweise Umkehrung des Humboldtstroms ausgelöst, bei dem dann wärmeres Wasser von Norden nach Süden strömt. Während die Wassertemperatur normalerweise nicht über 25 Grad Celsius liegt, steigt sie dabei auf bis zu 29 Grad Celsius an.

75 Tote, 263 Verletzte, Hunderttausende ohne Bleibe

Diese Situation soll noch bis April anhalten mit den gegenwärtigen Wetterfolgen für die beiden Küstenstaaten. Mit der Besonderheit, dass sich die Wolkenmassen am Andengebirge stauen und abregnen.

Jürgen Vogt