Türkei: HDP-Vize beginnt Hungerstreik

ISTANBUL taz | Der Kovorsitzende der kurdisch-linken Partei HDP, Selahattin Demirtaş, ist in den Hungerstreik getreten. Gemeinsam mit seinem Zellennachbarn Abdullah Zeydan, dem HDP-Abgeordneten aus Hakkari, verweigert er seit Freitagmorgen jede Nahrungsaufnahme.

In einer Mitteilung an die Öffentlichkeit begründet Demirtaş den Hungerstreik mit der menschenunwürdigen Behandlung in der Untersuchungshaft im Gefängnis in Edirne und der harten Haltung der Gefängnisleitung, die „sich jedem Dialog verschließt“.

Allerdings will Demirtaş mit seinem Schritt auch andere, weniger prominente HDP-Gefangene unterstützen, die sich teilweise bereits seit Mitte Februar im Hungerstreik befinden, ohne dass die Öffentlichkeit davon groß Notiz genommen hätte.

Auch in Gefängnissen in Şakran, Tekirdağund Sincan finden Hungerstreiks statt. Burcu Çelik, Vorsitzende des HDP-Komitees, das sich um die Gefangenen kümmert, sagt: „Wir wissen selbst nicht genau, wie viele HDP-Mitglieder sich im Hungerstreik befinden, weil zu einigen Gefängnissen die Anwälte keinen Zutritt haben. Gefangene wurden geschlagen und misshandelt.“

Man kann davon ausgehen, dass der Zeitpunkt von Demirtaşs Hungerstreik auch mit dem Referendum am 16. April zusammenhängt. Beide Vorsitzende der HDP, sowohl Demirtaş als auch Figen Yüksekdağ, sitzen wie elf weitere Parlaments­abgeordnete der Partei im Gefängnis und können deshalb in die Kampagne gegen die Verfassungsänderung nicht eingreifen. Mit dem Hungerstreik versucht Demirtaş nun, sich dennoch ins Spiel zu bringen.

Gegen ihn und die anderen HDP-Abgeordneten laufen ­derzeit noch Dutzende Verfahren gleichzeitig.

Jürgen Gottschlich