Dicke Luft trotz hoher Dividende

Daimler-Hauptversammlung Milliardenstrafe und Dieselaffäre – Aktionäre sind empört

Niemand kann genau sagen, wann sich Elektroautos auf dem Markt durchsetzen

BERLIN taz | Es hätte ein triumphaler Vormittag für den Daimler-Vorstandsvorsitzenden Dieter Zetsche werden können. Im vergangenen Jahr hat Mercedes den großen Konkurrenten BMW beim Kfz-Absatz überholt und ein Rekord-Konzernergebnis verbucht – dazu durften sich die 6.000 Aktionäre bei der Hauptversammlung in der Berliner Messe am Mittwoch über eine Dividende von 3,25 Euro je Aktie freuen.

Doch die Partystimmung wurde von der Diesel-Affäre gestört. Seit vergangenem Dienstag ermittelt die Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen Abgasmanipulationen bei Dieselfahrzeugen gegen Daimler-Mitarbeiter. Das konnte auch Zetsche nicht ignorieren: Daimler werde mit den Behörden kooperieren, aber „weder das Kraftfahrtbundesamt noch das Bundesverkehrsministerium haben im Rahmen ihrer Messungen bei unseren Fahrzeugen einen Verstoß gegen geltendes Recht festgestellt“, erklärte er. Die Aktionäre ließen sich davon nicht beschwichtigen. „Können Sie Entwarnung geben, dass wir nicht ein Volkswagen 2.0 werden?“, fragte Marc Tüngler von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz.

Zudem gab es am Mittwoch schlechte Nachrichten von der Deutschen Umwelthilfe: In einem aktuellen Straßentest bei niedrigen Temperaturen schnitt Mercedes besonders schlecht ab: Ein Modell der B-Klasse überschritt die auf dem Prüfstand geltenden Grenzwerte für Stickoxide um das 13-Fache, ein C-Klasse-Diesel um rund das 10-Fache.

Durch die Dieselproblematik gerät die allgemeine Ausrichtung der Kfz-Sparte in den Fokus. Bei alternativen Antrieben hinkt Daimler der Konkurrenz hinterher – und scheint nach wie vor vom Verbrennungsmotor überzeugt. „Niemand kann heute mit Gewissheit sagen, wann sich Elektroautos am Markt gegenüber konventionellen Antrieben mehrheitlich durchsetzen“, sagte Zetsche. Bis dahin seien „effiziente Verbrenner“ Teil der Lösung.

Jens Hilgenberg von den Kritischen Aktionären nannte die Konzernstrategie rückwärtsgewandt: „Daimler bekommt es einfach nicht hin, ein vernünftiges Elektroauto auf die Straße zu stellen“, sagte Hilgenberg der taz. Bei der elektrischen B-Klasse kämen die Komponenten von Tesla, beim neuen elektrischen Smart stamme der Antrieb von Renault.

Für viel Kritik sorgte zudem, dass der Aufsichtsrat gegenwärtig keine Ansprüche gegen Vorstände und Manager in der Lkw-Kartell-Affäre geltend machen will. Die EU-Kommission hatte im Sommer Geldbußen verhängt, weil Lkw-Hersteller Verkaufspreise abgesprochen hatten. Daimler musste eine Milliarde Euro Strafe zahlen.

Jörg Wimalasena