Portrait
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US Reporterin Emily Steel Foto: privat

Sie ließ nicht locker

Wir haben einfach immer weiter gegraben und gegraben und gegraben“, sagt Emily Steel. Die kleine 33-Jährige, mit der hohen, fast piepsigen Stimme, hat den mächtigsten Mann im Kabelfernsehen gestürzt: Bill O’Reilly, der fast zwei Jahrzehnte lang allabendlich auf FoxNews die rechte Weltsicht predigte.

Zusammen mit einem Team von anderen ReporterInnen der New York Times hat sie Frauen ausfindig gemacht, die erst von O’Reilly sexuell belästigt und dann mit Geld von ihm und seinem Arbeitgeber zum Schweigen gebracht worden sind. Als weitere Folge ihrer Recherche musste an diesem Montag der ehemalige Präsident Bill Shine den Sender verlassen. Er war in die jahrelange Vertuschung der Skandale und in die Zahlung von Schweigegeldern involviert.

Medienreporterin Steel war auf ihr Thema gestoßen, als der Gründer von FoxNews vor zehn Monaten gefeuert wurde. Roger Ailes war nach öffentlich gewordenen Vorwürfen über sexuelle Belästigung nicht mehr haltbar. „Wir wollen wissen, was sonst noch bei Fox News los war“, erklärte Steel bei einem CNN-Interview.

Sie fand fünf Frauen – KollegInnen oder Gäste in O’Reillys‘ Show – und alle hatten nach ihrem „Nein“ zu O’Reilly ihren Zugang zu FoxNews verloren. Anfänglich wollten sie nicht reden. Denn sie hatten unterschrieben, dass sie im Gegenzug für millionenschwere Entschädigungen nicht über ihre Vorwürfe gegen O’Reilly sprechen würden.

Steel ließ nicht locker. Am 1. April erschien ihr großer Scoop auf der Titelseite der New York Times: O’Reilly und sein Arbeitgeber Fox News hatten zwischen 2002 und 2016 insgesamt 13 Millionen Dollar in außergerichtlichen Einigungen an fünf Frauen gezahlt, die Opfer des Moderators geworden waren.

Direkt danach wurde O’Reilly, der dem Sender zuvor Millionen eingespielt hatte, zu einer Belastung. 50 Werbekunden zogen sich von seiner Schau zurück. Am Ende musste O’Reilly gehen – und bekam zum Abschied noch 25 Millionen Dollar von seinem Arbeitgeber.

Reporterin Steel hat bei dem Wall Street Journal gelernt, bevor sie zur New York Times ging. Wenn sie jetzt interviewt wird, sagt sie: „Ich bin nicht die Story.“ Dorothea Hahn