Sparkurs bedroht Gleichstellung

Trotz wachsender Diskriminierung von Frauen auf dem Arbeitsmarkt stellt die Landesregierung die 46 NRW-Beratungsstellen „Frau und Beruf“ auf den Prüfstand: „Doppelstrukturen auflösen“

von MIRIAM BUNJES

Wenn es auf dem Arbeitsmarkt schlecht läuft, verringern sich die Chancen für Frauen. Sie seien zu unflexibel, unterstellen potenzielle Arbeitgeber – sie hätten ja schließlich im Gegensatz zur männlichen Konkurrenz noch Familienaufgaben neben ihrem Beruf. Susanne Kerschek arbeitet seit zwölf Jahren gegen dieses Rollenverständnis der Dortmunder Wirtschaft. „Zur Zeit sieht es wieder ganz schlecht aus“, sagt die Berufsberaterin der Dortmunder Regionalstelle „Frau und Wirtschaft“, einer von 46 Beratungsstellen in NRW. „Frauen sind die ersten, denen in Krisenzeiten gekündigt wird.“

In der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt steht zur Zeit auch Susanne Kerscheks Zukunft zur Debatte. Wo Wirtschaftsverbände oder Kammern Beratungen zum Wiedereinstieg von Frauen in den Beruf oder für Existenzgründungen anbieten, müssten Doppelstrukturen aufgelöst werden, forderte die frauenpolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, Ingrid Pieper von Heiden am Wochenende gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Und weiß sich damit auf der Seite von Frauenminister Armin Laschet (CDU). „Wir denken darüber nach, wie Synergieeffekte effizienter genutzt werden können“, antwortete der im Landtag auf die Anfrage der SPD-Fraktion, warum die Regionalstellen immer noch keine Verlängerung für die Ende Dezember auslaufende Förderung erhalten haben. Berufsberatung von Frauen finde schließlich auch in den Agenturen für Arbeit der verschiedenen Kommunen statt, an einigen Stellen in Nordrhein-Westfalen könnten Frauen sicherlich „effizienter“ gefördert werden, so der Frauenminister. Eine Finanzierungszusage verweigerte Laschet. „Das wird die Haushaltsdebatte entscheiden.“

Aufgelöst werden soll bis 2006 noch keine der Regionalstellen, heißt es jetzt auch dem Frauenministerium. „Es wird aber auf jeden Fall zu Kürzungen kommen und wie es danach weitergeht können wir nicht sagen“, sagt eine Sprecherin zur taz. „Wir haben eben ein riesiges Haushaltsloch und müssen sparen.“

Um zwanzig Prozent soll jedes Ministerium seine Ausgaben zurückfahren, hatte die schwarz-gelbe Landesregierung schon bei Regierungsantritt angekündigt. „Wir fürchten, dass dieses Sparziel vor allem uns trifft“, sagt Heike Keßler, Landeskoordinatorin der Regionalstellen. Dass die Agenturen für Arbeit oder die Industrie- und Handelskammern ihre Aufgaben übernehmen können, glaubt sie nicht. „Diese Stellen haben doch schon seit Jahren die offizielle Vorgabe, sich auch um die Gleichstellung zu kümmern“, sagt sie. „Viel ist dabei nicht herausgekommen, Frauenförderungen wird in diesen Institutionen bestenfalls Nebensache bleiben.“

Die Regionalstellen Frau und Beruf beraten Berufseinsteigerinnen, Frauen die nach Erziehungszeiten in den Beruf zurückkehren wollen und Frauen, die ein eigenes Unternehmen gründen wollen. Außerdem klären sie in den Betrieben vor Ort über Gleichstellung auf und beteiligen sich beratend an kommunaler Wirtschaftspolitik. 30 der 46 Beratungsstellen werden ausschließlich aus Landesmitteln finanziert, die anderen erhalten außerdem Strukturfördermittel der Europäischen Union. Die hat die seit 1998 bestehende Frauenförderung schon mehrfach ausgezeichnet, insbesondere für das virtuelle Unternehmerinnenforum u.netz.de, das Angebote und Datenbanken für Unternehmerinnen und Gründerinnen bietet.

„Unsere Anstöße werden häufig nach einigen Jahren Selbstläufer“, sagt Susanne Kerschek. Die Dortmunder Stelle hat jahrelang Probier-Seminare für Schülerinnen an der Dortmunder Universität organisiert: Heute bietet die Uni von sich aus Schnupperkurse für Mädchen an. „Für solche Impulse hat ein Arbeitsamt keine Kapazität“, sagt Susanne Kerschek. „Wenn da ein Mädchen kommt und sagt, ich will Erzieherin werden, dann wird eben nur in der Sparte geguckt.“ Dass die meisten Mädchen sich nur für zehn von 400 Ausbildungsberufen interessieren und dass diese Berufswahl für die Arbeitsmarkt-Integration mehr als schädlich ist, sei im Vermittlungs-Alltag nicht präsent. „So weit ist diese Gesellschaft noch nicht.“