Opposition macht sich vage Hoffnungen

Algerien Am 4. Mai wird in dem nordafrikanischen Land ein Parlament gewählt. 63 Parteien treten an

Die Neugierde auf die KandidatInnen ist begrenzt Foto: A. Belghoul/ap

MADRID taz | Wenn überhaupt, dann sind es die Anekdoten der Wahlkampagne, die die Menschen interessieren. Eine handelt von den „Geisterfrauen“: Mehrere islamistische Parteien haben auf ihren Plakaten die Gesichter der Kandidatinnen per Photoshop wegretuschiert. Was zurückblieb, waren ein Kleid und ein Kopftuch. Die Wahlkommission schritt ein und verlangte, die Plakate zu ändern. Die Wähler hätten ein Recht zu sehen, wem sie ihre Stimme anvertrauen.

Seit der letzten Parlamentswahl im Jahr 2012 sind die algerischen Parteien verpflichtet, einen Frauenanteil von mindestens 30 auf ihren Listen und später im Parlament zu haben. In der zu Ende gehenden Legislaturperiode sind knapp 31 Prozent der Abgeordneten Frauen. Nirgends in Nordafrika sind die Frauen so stark vertreten wie in Algerien.

Was den Mächtigen im Land Sorgen bereitet, ist die Wahlbeteiligung und der damit einhergehende mögliche Mangel an Legitimität des Urnengangs. Insgesamt 63 Parteien treten am Donnerstag an, die Wahlkampfveranstaltungen in den großen Städten des Landes waren aber nur spärlich besucht.

Das Parlament hat nicht wirklich etwas zu sagen. Eine starke Opposition gibt es nicht. Bei der Parlamentswahl 2012 lag die Wahlbeteiligung bei 43 Prozent, und das war – so zahlreiche Beobachter – eine beschönigte Zahl.

Die Islamisten, die einst große Massen hinter sich vereinten, sind weiterhin verboten. Diejenigen, die unter dem Markenzeichen Islam antreten, unterstützten die regierende FLN und sind somit diskreditiert. Das nicht religiöse Lager zerfällt in unzählige Parteien.

Und dennoch ist die Wahl an diesem Donnerstag so etwas wie eine Premiere. Es ist der erste Urnengang, der nicht unter der Kontrolle des übermächtigen Geheimdienstgenerals Mohamed Lamine Mediène „Toufik“ stattfindet. Dieser wurde 2015 von Präsident Abdelaziz Bouteflika in den Ruhestand geschickt.

Einige Oppositionsparteien versprechen sich davon sauberere, demokratischere Wahlen und eine Stärkung ihrer Rolle. Mehrere Parteien, die bisher immer zum Boykott aufgerufen haben, nehmen am 4. Mai teil – allen voran die Versammlung für Demokratie und Kultur (RCD), die vor allem in der Kabylei, der Region der Berberminderheit, stark ist. Reiner Wandler