USA

Donald Trump auf den Spuren Richard Nixons. Der US-Präsident versucht, seine Kritiker kaltzustellen

Trump feuert den Trump-Ermittler

PRÄSIDENT James Comey ermittelte als FBI-Direktor gegen Trumps Wahlkampfteam wegen Verbindungen nach Russland. Seine Entlassung begründet Trump mit den Ermittlungen Comeys gegen Hillary Clinton

Nicht mehr beste Freunde: Im Januar begrüßt US-Präsident Donald Trump FBI-Chef James Comey im Weißen Haus Foto: Joshua Roberts/reuters

Aus New York Dorothea Hahn

Am Morgen nach dem brüsken Rauswurf des FBI-Direktors James Comey durch US-Präsident Donald Trump rechtfertigt der sein Vorgehen mit einer Salve von Tweets. Er schießt scharf gegen alle seine KritikerInnen. Nennt einen demokratischen Senator einen „Witz“ und einen langjährigen Freund und ehemaligen Mitarbeiter „Fake News“. Stattdessen verlinkt er den weit rechts stehenden „Drudge Report“ mit der Auflistung von „zehn Skandalen“ von Comey.

James Comey war für Donald Trump der gefährlichste Mann der Vereinigte Staaten, weil dieser seine möglichen Verbindungen mit der russischen Regierung untersuchte. Aber nun begründete Trump die fristlose Entlassung Comeys mit zwei Empfehlungen aus dem Justizministerium, die mit diesen Ermittlungen nichts zu tun haben. Sowohl Justizminister Jeff Sessions als auch dessen nagelneuer Stellvertreter Rod Rosenstein hätten ihm einen „neuen Start in der Führung des FBI“ nahe­gelegt. Der Stellvertreter produzierte ein langes Schreiben, in dem er Comeys Umgang mit Hillary Clintons E-Mail-Affäre kritisierte.

„Es spottet jeder Logik, dass Trump, der die Ermittlungen gegen Hillary Clinton ins Zentrum seiner Kampagne gestellt hat, jetzt behauptet, es sei unfair gewesen, wie Clinton behandelt wurde“, sagte der demokratische Senator Chris Murphy aus Connecticut. Im Wahljahr hatte Trump den FBI-Direktors verschiedentlich gelobt. Und er hatte infolge von Comeys Worten über Clinton – „extrem fahrlässiger“ Umgang mit geheimen E-Mails – seinen Höhenflug in den Umfragen begonnen und seine Fans den Slogan skandieren lassen: „Sperrt sie ein!“

Als Comey dann auch noch wenige Tage vor dem Wahlgang die Clinton-Untersuchung wieder eröffnete, weil neue E-Mails aufgetaucht waren, tweetete Kandidat Trump anerkennend, der Mann habe „Mut“. Clinton ihrerseits betrachtete den nun geschassten FBI-Chef als Hauptverantwortlichen für ihre Wahlniederlage.

Der FBI-Chef ist ein politisch unabhängiger Spitzenbeamter. Comey, ein ehemaliger Republikaner, hat unter Präsident George W. Bush im Justizministerium gedient und ist im Jahr 2013 von Präsident Obama mit parteiübergreifender Unterstützung vom Senat für zehn Jahre an die Spitze des FBI gehievt worden. Von der Möglichkeit einer vorzeitigen Entlassung eines FBI-Chefs hatte vor Trump mit Bill Clinton nur einmal zuvor ein US-Präsident Gebrauch gemacht. Er feuerte 1993 den von Präsident Ronald Reagan ernannten William Sessions.

Bei ihrem Amtsantritt machten weder Trump noch sein Justizminister Anstalten, sich von Comey zu trennen. Doch die Beziehung zwischen Trump und dem FBI-Chef verschlechterten sich in jüngster Zeit zunehmend, nach dem Comey erklärt hatte, dass er wegen der zahlreichen Russland-Kontakte der Trump-Wahlkämpfer Ermittlungen aufgenommen habe.

Trump bezeichnet diese Russland-Connection als „totalen Hoax“, zugleich hat er darüber aber bereits mehrere Mitarbeiter verloren. Unter anderem stolperte sein Nationaler Sicherheitsberater über seine Lügen in Sachen Russland. Sein Justizminister Sessions musste sich selbst als „befangen“ erklären und sich aus jeder Russland-Ermittlung zurückziehen, als herauskam, dass er den Senat über seine Treffen mit dem russischen Botschafter in Washington belogen hatte.

„Es spottet jeder Logik, dass Donald Trump, der die Ermittlungen gegen Hillary Clinton ins Zentrum seiner Kampagne gestellt hat, jetzt behauptet, es sei unfair gewesen, wie Hillary Clinton behandelt wurde“

Der demokratische Senator Chris Murphy aus Connecticut

Im März sorgte Comey, einer der bestinformierten Männer des Landes, für zusätzliche Verstimmung bei Trump, als er dessen Behauptung, Präsident Obama habe ihn beschnüffeln lassen, öffentlich widersprach. Comey lehnte auch das Begehren des Weißen Hauses ab, statt der Russland-Connection prioritär über die zahlreichen Indiskretionen von MitarbeiterInnen des Weißen Hauses gegenüber der Presse zu ermitteln.

Wie schwer die Russland-Ermittlungen auf Trump lasten, zeigte er in seinem kurzen Kündigungsschreiben an den „lieben Direktor Comey“. Er schätze, schrieb er darin, dass Comey ihn „bei drei getrennten Gelegenheiten informiert habe, dass er nicht gegen mich ermittelt wird“. Aber er sei „nicht in der Lage, das FBI „effektiv zu führen“. Comey selbst erfuhr von seiner Entlassung aus den Medien.

Vorerst gehen die FBI-Ermittlungen weiter. Doch ihre Zukunft hängt von der bislang unbekannten künftigen Person an der Spitze des FBI ab. Weil diese Person von Trumps Gnaden kommen wird, verlangte Demokrat Schumer, dass ein unabhängiger Sonderermittler benannt wird, um die Russland-Ermittlungen zu leiten. Andere Demokraten verglichen Trumps Schritt mit dem „Saturday Night Massacre“ unter Präsident Richard Nixon (siehe Text unten).

Der republikanische Senator John McCain, immerhin ein Parteifreund Trumps, verlangte gar die Einsetzung eines Sonderkomitees. Die Entlassung „bestätige die Notwendigkeit und Dringlichkeit eines solchen Komitees“, sagte McCain. Er sei enttäuscht von Trumps Entscheidung. Und der republikanische Senator Bob Corker ergänzte, Comeys Entlassung werfe Fragen auf.