heute in hamburg
: „Es fing vorm Urknall an“

Weltall Vortrag über Gravitationswellen als Hinweis auf den Ursprung des Universums

Arthur Hebecker

Foto: Tobias Schwerdt

48, Physiker, Professor an der Universität Heidelberg. Zuvor war er am Genfer CERN und am Hamburger DESY tätig.

taz: Herr Hebecker, in drei Sätzen: Wie entstand das Universum?

Arthur Hebecker: Allgemein wird ja davon ausgegangen, dass der Urknall, der Big Bang – eine Art Explosion heißer Gase – den Anfang markiert. Mit dieser Theorie ist aber die Flachheit und Glattheit des Universums nicht erklärt. Viele Physiker und auch ich gehen davon aus, dass es vor dem Big Bang eine „kosmologische Inflation“ gab.

Das heißt?

Eine Phase rasend schneller Ausdehnung des Universums. Sie ist das Früheste, das wir aus Messungen und Berechnungen schließen können.

Wie funktionierte das?

Es ging so schnell, dass alle Unebenheiten extrem verdünnt wurden. Das Universum – der pure Raum – wurde also groß, glatt, flach und leer. Wie eine elastische Membran.

Sie sprechen heute auch über Gravitationswellen. Was ist das?

Es sind Schwingungen dieser Membran. Stellen Sie sich den Raum als eine Art dreidimensionales Gitter vor. Denken Sie an ein Koordinatensystem, das die Abstände der Dinge zueinander markiert. Dieses Gitter kann vibrieren, die Abstände können sich ändern. Wenn Schwingungen durch dieses Gitter laufen – das sind Gravitationswellen.

Kommt man mit Gravitationswellen dem Ursprung des Universums näher?

Wir hoffen es. Wenn man einen Stein ins Wasser wirft, entstehen Wellen, die man weithin sehen und von denen man auf die Ursache schließen kann. So ähnlich ist es in der Raumzeit, im Universum. Vor gut einem Jahr hat man aufgrund der Kollision zweier Schwarzer Löcher – extrem verdichteter, gestorbener Sterne – in den USA erstmals Gravitationswellen gemessen, eine Art Botschaft, ein Echo aus der „jüngeren“ Vergangenheit. Aber es gibt noch weit ältere Gravitationswellen aus der Anfangszeit des Universums. Wenn man die dereinst messen könnte, erführe man viel über die Ursprünge des Universums.

Hat diese Forschung einen konkreten Nutzen?

Für Gravitationswellen ist das derzeit nicht absehbar. Es geht uns vielmehr um die Erkenntnis grundlegender Naturgesetze. Um Aufschluss darüber, wie das Universum früher beschaffen war und wie sich weit entfernte Sterne verhalten. Dieses Wissen ist ein grundlegendes Kulturgut der Menschheit. Interview: PS

Arthur Hebeckers Vortrag „Gravitationswellen und der Ursprung des Universums“: 19 Uhr, Baseler Hof, Esplanade 15