heute in Bremen
: „Solidarität und Empathie“

Demo KurdInnen rufen dazu auf, gegen die türkischen Angriffe in Nordsyrien zu protestieren

Sherzad Seyyid Alo

Foto: privat

52, ist Vorsitzender der Partei der Demokratischen Union (PYD) in Bremen. Er kommisioniert und engagiert sich sein Leben lang für Politik.

taz: Herr Seyyid Alo, was passiert heute am Hauptbahnhof?

Sherzad Seyyid Alo: Wegen der Angriffe der Türkei auf Afrin in Nordsyrien hat die Frauenorganisation der Partei der demokratischen Union (PYD) dazu aufgerufen, vom Hauptbahnhof zur Domsheide zu marschieren. Seit sieben Jahren gibt es Krieg in Syrien. Über eine halbe Million Leute wurden getötet und verletzt, über sieben Millionen sind im Inland oder ins Ausland geflüchtet. Aber noch immer schweigt die internationale Gemeinschaft zu einem großen Teil. Sie muss dort hinschauen.

Was wissen Sie über die türkischen Angriffe in Nordsyrien?

Ich kenne viele Leute aus Afrin und wir verfolgen die Nachrichten sehr eng. Es gibt Angriffe aus der Türkei auf die Stadt Afrin und die Region. Erdoğan sieht, dass der Kampf gegen den IS vorbeigeht. Die Türkei hat die Terrormiliz lange geschützt und unterstützt – nicht nur heimlich. Jetzt will sie den Druck auf den IS erleichtern, in dem sie die demokratischen Projekte der Kurden in Nordsyrien bedroht. Das ist aber auch eine große Gefahr für die Türkei: Vergangenen Sonntag haben sehr viele Leute in Istanbul gegen das System in Ankara demonstriert. Viele von ihnen – selbst wenn sie gegen Kurdenrechte sind – sehen die Gefahr, dass durch die Weiterführung des Konflikts alle Menschen im Nahen Osten gefährdet sind. Hinzu kommt natürlich, dass die Leute in Afrin bereit sind und genug Waffen haben. Sie werden ihre Stadt nicht so einfach aufgeben.

Was erwarten Sie von den BremerInnen?

Sie können uns unterstützen mit Solidarität und Empathie. Das sind grundlegende menschliche Eigenschaften: Jeder kann erkennen, wenn andere leiden. Jeder kann mitleiden und sich solidarisieren. Es gab Terroristen, die aus Bremen in den Nahen Osten gegangen sind. Ebenso kommen welche von anderen Kontinenten, um auf Seiten des IS, al-Nusra und al-Qaida gegen Zivilisten zu kämpfen. Das ist ein Problem auf der ganzen Welt, gegen das wir kämpfen müssen.

Wie sollte es aus Ihrer Sicht weitergehen in Afrin?

Wir sehen die Region als demokratisch-föderalistisches Projekt. Vor dem Krieg gab es dort eine halbe Million Kurden. Inzwischen sind eine Million Menschen, darunter Araber, Assyrer, Chaldäer, Armenier, Suryoye, Turkmenen und andere Volks- und Glaubensrichtungen dazugekommen. Es gibt nur wenig Lebensmittel, die Grenzen sind zu. Aber trotzdem leben die Leute dort in Frieden mitein­ander. Das soll auch so bleiben: Auch dort wird gegen die jüngsten Angriffe demonstriert.

Interview gjo

16 Uhr, Hauptbahnhof