Ein Schiff wird kommen

Alte Dame Zum 125. Jubiläum von Hertha BSC wird der Gründungsdampfer am Dienstag nach Berlin kommen. Von Wusterhausen aus geht es für die Hertha, die zwischendurch „Seid bereit“ hieß, auf dem Landweg zurück

In den Farben Herthas: die Hertha vor Jahren noch in fremden Wassern mit Fans Foto: Marco Schimpke/CC-BY-SA 4.0

von Alina Schwermer

Am Dienstag, 25. Juli, am 125. Geburtstag von Hertha BSC, wird ein Dampfer nach Berlin zurückkommen. In dieser Stadt ohne Meer und Containerschiffe hat wahrscheinlich selten ein Boot zuletzt so viel Aufmerksamkeit bekommen, erst recht nicht so viel Liebe. Dabei ist es nicht einmal ein schönes Segelschiff, sondern ein ziemlich ramponierter Dampfer. Das Boot, dem Hertha verdankt, Hertha zu heißen.

Eigentlich ist die Tochter des Reeders an allem schuld. Die Tochter, deren Vater 1886 Eigentümer eines neuen Dampfers in Stettin war, muss ein nettes Mädchen gewesen sein, jedenfalls brachte sie ihren Vater dazu, ein Schiff nach ihr zu benennen. Ein blau-weißes Schiff, das fortan auf der Spree und der Havel entlangschipperte. Es gab auch ein Schwesterschiff namens Dorothea: Ja, Hertha-Fans, wäre der junge Mann namens Fritz Lindner mit seinem Vater auf dem Schwesterschiff gefahren, würdet ihr vielleicht für Dorothea BSC jubeln. Es kam anders. Lindner fuhr auf dem blau-weißen Dampfer und gab dem Fußballverein, den er kurz darauf mit gründete, die Farben und den Namen dieses Bootes. Tochter und Dampfer hießen Hertha.

Die Rückkehr des Dampfers ist die Herzensgeschichte rund um das Hertha-Jubiläum, kein Liverpool-Spiel und keine Ausstellung kann dagegen an. Fünfzehn Jahre und Hunderttausende Euro hat es gekostet, den ollen Kahn zurück in die Hauptstadt zu holen.

Zum 125. Jubiläum von Hertha BSC am 25. Juli gibt es noch weitere Sonder-Aktionen. Am Abend des 25. Juli öffnet die Ausstellung „Hauptstadtfußball“ im Ephraim-Palais, die sich der Geschichte des Berliner Fußballs und der von Hertha BSC widmet. Am 29. Juli trägt Hertha außerdem ein Jubiläumsspiel gegen den FC Liverpool aus, der ebenfalls 125 Jahre alt wird. Am Freitag wurde bereits nahe der alten Spielstätte „Plumpe“ ein Platz in Erinnerung an das Hertha-Idol in Hanne-Sobek-Platz umbenannt.

Der Dampfer soll in Zukunft wieder auf Berliner Gewässern fahren, aber die Finanzierung ist noch nicht geklärt. Hertha-Fans sollen das Schiff, sobald es fertig ist, besichtigen können und Fahrten unternehmen. Dafür muss der Dampfer fahrtüchtig gemacht und restauriert werden. (asc)

Ein Schiff, für das sich Jahrzehnte niemand mehr richtig interessierte, ist plötzlich ganz groß geworden, auch das ist Hertha. Seine Geschichte könnte Bücher füllen und wird es bestimmt. Sie hat Wirrungen, die die Odyssee billig aussehen lassen; ein halbes Jahrhundert lang war der Dampfer verschollen. Beinahe hätte niemand je erfahren, dass es die Hertha überhaupt noch gibt: Nach dem Zweiten Weltkrieg fuhr sie unter dem Namen „Seid bereit“ in der DDR. In den sechziger Jahren sollte sie verschrottet werden.

Dem Zufall und einem gewissen Peter Dentler aus Wusterhausen ist es zu verdanken, dass das Boot 1969 vor der Zerkleinerung gerettet wurde. Dentler machte es wieder fit, völlig ahnungslos, auf welchem Fund er hockte. Er nannte das Boot unschuldig den „Seebär“. Sieben Jahre später identifizierte es ein Schiffshistoriker als den Hertha-Gründungsdampfer. In der DDR aber hütete Dentler das Geheimnis. Erst nach der Wende sprach sich die Sache unter Hertha-Fans herum. Peter Dentler beschrieb die Reaktion eines eingefleischten Herthaners so: „Als er das Schiff sah, kniete er vor dem Rumpf nieder, legte gebetsartig beide Hände an den Rumpf und küsste das Schiff.“

Seitdem haben sich Hertha-Verantwortliche und Fans mal mehr, mal weniger intensiv bemüht, den Dampfer zurückzuholen. Um das Geld für Kauf und Restaurierung aufzutreiben, wurden Schiffsaktien verkauft, nur längst nicht so viele, wie man sich erhoffte. Und doch: Für den Kauf und den Rücktransport hat es jetzt gereicht.

Zum 125. Jubiläum wird also ein altes Schiff 55 Kilometer auf dem Landweg von Wusterhausen bis zur Berliner Stadtgrenze transportiert. Ampeln werden an der Strecke abmontiert, Verkehrsinseln umgebaut. Eine Behelfsbrücke wurde gebaut. Stolze 50 Seiten lang ist das Protokoll mit den Anweisungen für den Transport.

Fünfzehn Jahre hat es gedauert, den Kahn zurück nach Berlin zu holen

500 Arbeitsstunden später wird die Hertha, wenn sie denn heil ankommt, am Tegeler See vor Anker gehen.

Fahrtüchtig ist der Dampfer allerdings noch nicht wieder, für die Restaurierung fehlt noch Geld. Mit der Hertha mitfahren auf ihrem Heimweg kann man aber trotzdem: von Wusterhausen im Partybus.