Santa Clara – die verurteilte Stadt in Kubas Mitte

Homenage Die Stadt, die nie heilig sein wollte, mit einem Malecón ohne Wasser gegen die Langeweile

Von Mayli Estevez Perez

Santa Clara ist mit dem Obszönen verheiratet, mit dem Verbotenen, dem Verrufenen, dem Lächerlichen, mit dem Übersinnlichen und dem Irrationalen. Eine Art Ibiza in der nationalen Wüste, trockener, steriler und durstiger als irgendwo sonst in Kuba.

Als sie verurteilt wurde, sich ganz in der Mitte anzusiedeln, ganz ohne jedes Wasser, das sie hätte verstehen lassen, dass sie auf einer Insel lebt, nahm sie an, dass sie wenigstens Flüsse haben würde, und sie zwinkerte den Siedlern fröhlich zu. Als da dann aber doch keine Flüsse waren, schüttelte sie die Langeweile der Nachmittags-Siesta ab und schuf sich einen Malecón. Der schützt niemanden vor dem Meer, er macht was viel Besseres: Er schützt vor der Langeweile, der Leere, der Gleichförmigkeit. Deshalb treffen sich an diesem Malecón ohne Wasser jeden Tag Hunderte Rocker, Transvestiten, Liedermacher, Leute von der Universität, Polen, Franzosen, Liebespaare, Geschiedene, Schwule, Asexuelle, Abweichler und Speichellecker. Auf diesem gewöhnlichen Gehsteig gehört niemand auf die andere Seite. Die Leute sind einfach, wie sie sind, und das macht sie groß.

Sie ist eine Sünderin, das gibt sie zu und ist stolz darauf. Die Scheiterhaufen der Inquisition lacht sie aus. „Du wirst eine Provinzlerin“, verurteilten sie sie. Und sofort zog sie den Rock hoch und machte ihnen klar, dass sie unten- und obenrum urbaner ist als Madrid. Heute, da sie vorzeitig gealtert ist, schwitzt und Risse hat, haben sie sie verurteilt, zwischen Gestank und Kitsch hin und her zu laufen, sich der Zeit und der Verwahrlosung zu stellen. Sie haben sie zur Sehnsucht verurteilt, dazu, sich jedes Jahr am 15. zu schminken und ein Mona-Lisa-Lächeln aufzulegen. Und trotz aller Sünden, der eingestandenen und der geheimen, haben sie sie zum Anderssein verurteilt. Was war das seither für ein Spaß! Für sie, die nie eine Heilige sein wollte.

Mayli Estevez Perez, 28, arbeitet als Redakteurin bei der Zeitung „Vanguardia“ in Santa Clara