LeserInnenbriefe
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Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von Leserbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.

Eine Art vonSolidarität

betr.: „Deniz, Du sollst wissen, dass wir Dich feiern“, taz vom 9. 9. 17

Meine 92-jährige Mutter hat nach Bekanntwerden der Inhaftierung von Deniz Yücel sein Bild aus der Zeitung an ihre Pinnwand gehängt mit der Bemerkung: „Ich hänge es erst wieder ab, wenn er freikommt!“ Auch eine Art von Solidarität.RENATE ENGLER, Karlsruhe

Eine Art von Heiligenverehrung

betr.: „Deniz, Du sollst wissen, dass wir Dich feiern“, taz vom 9. 9. 17

Ich fand viele Beiträge von Deniz Yücel eher zum Kotzen und war nicht traurig, als er die taz verließ. Und dass er dann zum rechten Kampfblatt Welt gewechselt hat, passt für mich durchaus ins Bild. Dass ihr euch für inhaftierte Menschen, auch für Deniz Yücel, einsetzt, finde ich ehrenwert, aber diese Art der Heiligenverehrung lässt mich kopfschüttelnd fragen, ob ich noch die richtige Zeitung lese. KLAUS BLATT, Essen

Ein Fall von Schattenboxen

betr.: „Wo Erdoğan recht hat“, taz vom 12. 9. 17

Jürgen Gottschlich beklagt „unzulässige Vereinfachungen“ im Umgang mit der Türkei, etwa bei der Sicht auf die Gülen-Bewegung. So hätte zum Beispiel BND-Chef Kahl die Gülen-Bewegung für „vollkommen unschuldig“ erklärt – entgegen den massiven Hinweisen für das Gegenteil. Vereinfachen tut hier allerdings nur Gottschlich selbst. Kahl hat Gülen keineswegs für unschuldig erklärt, sondern lediglich behauptet, die Türkei habe keine hinreichenden Beweise für dessen Schuld vorgelegt. Dies ist eine viel schwächere Aussage und natürlich damit vereinbar, dass Gülen sehr wohl schuldig ist.

Und sein Vorwurf gegen unbekannt, fälschlicherweise zu behaupten, der angebliche Putschversuch war in Wirklichkeit eine bloße Inszenierung, ist ein Fall von Schattenboxen.

GUSTAV KLEMPER, Hamburg

Genauer hinsehen

betr.: „Der Krieg der Saarlinken“, taz vom 8. 9. 17

Unter der Unterzeile zu diesem Artikel „geht es um Burschenschaften“. Die Bildunterschrift zum Landesgeschäftsführer der Linkspartei zeigt den „Burschenschaftler Andreas Neumann von der Linken (M.)“. Doch im Text steht er „im Wichs der nichtschlagenden Studentenverbindung Carolus Magnus …mit Traditionsfahne und Degen“.

Die Berufung auf Karl den Großen klingt nicht deutschnational, wie es zur Tradition deutscher Burschenschaften gehört, gar „nichtschlagend“ zu sein, hätten sie als beleidigend zurückgewiesen. Also nur ein Versuch, ein gesellschaftlich-katholisches Verbindungswerk politisch aufzumöbeln?

Wo der Nationalismus so rasant Fahrt aufnimmt, sollte man ihn genauer kennen. HEINZ GROSSMANN, Kronberg

Sexistische Sprüche vermeiden

betr.: „Die Frau des Premiers“, taz vom 13. 9. 17

„Anfang der 1990er Jahre heiratete Benjamin Netanjahu die frühere El-Al-Stewardess …“ lesen wir da. Hat Sara Netanjahu sich so einfach heiraten lassen, hatte sie gar kein Mitspracherecht? Im restlichen Artikel wirkt sie eigentlich durchaus tatkräftig.

Erinnert sich noch jemand bei der taz daran, dass es auch mal darum ging, sexistische Sprache zu vermeiden und zu be­kämpfen?

Eure (Noch)Leserinnen haben das nicht vergessen.

Es wäre doch eine Idee, es mal wieder zu versuchen?

GABRIELE HAEFS, Hamburg

Experiment Wechselfahrer

betr.: „Wir fahrvergnügen uns zu Tode“, taz vom 8. 9. 17

Ich kann Ihren Ausführungen voll und ganz beipflichten. Leider schließt Ihr Kommentar mit einer Auflistung von Nachteilen, die alle Veränderungen aus ökologischer Einsicht für die Menschen bringen. Das ist halbherzig. Wenn man etwas erreichen will, dann nennt man die Vorteile, die eine neue Idee unmittelbar für alle bringt. Da wäre zum Beispiel die Minderung der Staus und des Verkehrslärms, die Verbesserung der Luftqualität, Kostenminderung und die Chance, neue Freundschaften und Ansichten kennenzulernen.

Glauben Sie nicht, dass es in unserer Gesellschaft keine experimentierfreudigen, mutigen Menschen mehr gibt, die nicht warten wollen, bis es zu geregelten Fahrverboten kommt? In Madrid und Paris wurden diese bereits in den Jahren 1914 und 1916 ausgesprochen. Dabei galt das Verbot tageweise abwechselnd für ungerade und gerade Autokennzeichen.

Diese Regelung könnte man auch zur Steuerung des freiwilligen Autoverzichts anwenden. Jeder Autobesitzer hat doch mit dem Kfz-Brief eine „Mitfahrkarte“, mit welcher er am Experiment „Wechselfahrer“ teilnehmen könnte. Die Regelung würde ebenfalls über die Endziffer des Nummernschildes erfolgen. Das Experiment könnte sofort starten. Es sind mutige Autofahrer gefragt, die an ungeraden Jahreswochen die Autobesitzer mit den geraden Endziffern des Kfz-Kennzeichens mitnehmen. In der folgenden Woche würde es dann umgekehrt laufen. Wie das Ganze ablaufen könnte, kann man beispielhaft an der Rote-Punkt-Aktion in Hannover 1969 abschätzen.

Übrigens: Wenn auf den Straßen alle Autos mit Verbrennungsmotor durch E-Autos ersetzt werden, ändert das nichts am Verkehrsstau! GÜNTER JARKOWSKI, Münster (Hessen)