die dritte meinung
: Neuwahlen sind der falsche Weg. Verantwortliche Parteien müssen verhandeln, sagt Yannick Haan

Yannick Haan

ist Vorsitzender der SPD Alexanderplatz, Sprecher des Forums Netzpolitik der Berliner SPD und Mitglied der medien- und netzpolitischen Kommission beim Vorstand.

Als wir SPD-Mitglieder vor fast genau vier Jahren gefragt wurden, ob die SPD in eine Große Koalition gehen sollte, habe ich mit einem klaren Nein gestimmt. Damit gehörte ich innerhalb der eigenen Partei einer kleinen Minderheit an. Auch heute habe ich meine Meinung dazu nicht geändert.

Eine solche Koalition schadet der Demokratie, sie hinterlässt ein machtloses Parlament und stärkt meist die politischen Ränder. Für die SPD hat sich die Große Koalition, wie man am Wahl­ergebnis sieht, auch nicht als politisch gewinnbringend erwiesen. Im zurückliegenden Wahlkampf habe ich selber auf der Straße gespürt, dass den ­Menschen die Unterscheidung zwischen SPD und CDU zunehmend schwerfiel.

Trotz dieser Grundeinstellung halte ich das aktuelle Vorgehen der SPD für falsch und für demokratisch gefährlich. In der jetzigen Situation müssen sich alle Parteien offenen Gesprächen stellen, statt leichtfertig von Neuwahlen zu sprechen. Eine mögliche Jamaika-Koalition ist gescheitert, weil die FDP aus strategischen Gründen den Verhandlungstisch verlassen hat. Mit der SPD und der FDP sind jetzt vier von sechs Parteien im Deutschen Bundestag wegen der eigenen Parteistrategie nicht mehr koalitionsfähig oder -willig. Damit ist das politische System insgesamt blockiert. An diesem Grundproblem werden auch Neuwahlen rein gar nichts ändern. Was machen wir denn, wenn noch einmal das gleiche Ergebnis rauskommt? Einfach ein drittes Mal wählen lassen?!

Was wir jetzt brauchen, sind keine Parteien, die nur an die eigene Strategie denken, sondern Parteien, die sich gemeinsam an den Verhandlungstisch setzen und alle Optionen ausloten. Am Ende dieser Verhandlungen kann eine Große Koalition stehen oder eine Minderheitsregierung. Wir haben als Partei eine Verantwortung für diese Demokratie. Das heißt, dass wir jetzt mit diesem Wahlergebnis konstruktiv umgehen müssen. Das erwartet der Wähler zu Recht von uns. Denn Neuwahlen wären vor allem: ein Konjunkturprogramm für rechts außen.