Warteschlange für Angehörige

Die SPD verteidigt das Sondierungsergebnis zum Familiennachzug, ärgert sich aber über die Union

Im November demonstrierte diese Frau in Athen für den Familiennachzug Foto: A. Tzortzinis/dpa

Aus Berlin Tobias Schulze

Eva Högl klingt am Freitag, als würde sie schon mal für den Parteitag trainieren. Die SPD-Abgeordnete rechtfertigt im Bundestag, was sie selbst in den Sondierungen mit der Union zur Flüchtlingspolitik vereinbart hat. „Natürlich ist aus SPD-Sicht das Ergebnis nicht zufriedenstellend“, sagt sie. „Aber immerhin ist es, wenn es dazu kommt, ein Kompromiss, mit dem Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte wieder möglich sein wird.“ Ein bisschen ist besser als gar nichts, das ist die Botschaft der Groko-Befürworterin an ihre Partei.

Zehntausende Flüchtlinge warten in Deutschland darauf, ihre Partner, Kinder oder Eltern aus dem Ausland nachholen zu dürfen. Für Ausländer mit subsidiärem Schutzstatus (zum Großteil Syrer) ist das Recht auf diesen Nachzug nämlich seit März 2016 ausgesetzt. In den Sondierungen einigten sich Union und SPD darauf, ihn wieder zu erlauben – allerdings erst ab August und nur für maximal 1.000 Menschen im Monat.

Im Bundestag steht das Thema am Freitag auf der Tagesordnung, weil die bisherige Aussetzung am 16. März ­ausläuft. Passiert bis dahin nichts, ­dürfen bis zur geplanten Neuregelung im Sommer unbegrenzt Anträge für die Einreise der Familienangehörigen gestellt werden. Um das zu verhindern, haben CDU und CSU jetzt beantragt, die Aussetzung noch einmal zu verlängern.

Auch dieser Schritt steht im Sondierungspapier. Trotzdem ärgern sich viele in der SPD-Fraktion über das Vorgehen der Union: Erstens hätten die Sozialdemokraten das Thema gern auf die nächste Sitzungswoche und damit auf die Zeit nach ihrem Parteitag verschoben. Zweitens stören sie sich an den Details des Antrags von CDU und CSU.

Wie lange die Aussetzung gelten soll, ist darin nicht verbindlich festgeschrieben. Laut Högl wird die SPD aber nur zustimmen, wenn als Frist „das Datum 31. 7. ganz fest vereinbart wird“. Außerdem fordert sie, dass die Behörden schon ab März wieder Anträge der Betroffenen annehmen und bearbeiten, sodass im Falle einer Neuregelung die ersten 1.000 Angehörigen im August einreisen könnten. Beide Punkte werden nun Thema im Hauptausschuss, in den der Bundestag den Antrag nach der Debatte überweist.

Im Plenarsaal verteidigt zuvor Thomas de Maizière (CDU) die geplante Begrenzung des Nachzugs auf 1.000 Personen im Monat. „Wer Angehörige nachholt, dessen Aufenthalt verfestigt sich“, sagt der Innenminister. „Freiwillige Ausreisen und Rückführungen“ würden dadurch erschwert. Zudem würde es eine „Sogwirkung“ entfalten, wenn Deutschland den Nachzug wieder unbegrenzt erlaubt.

Die Oppositionsparteien brachten eigene Anträge ein. Die AfD möchte das Recht auf den Familiennachzug für Subsidiäre komplett streichen. Die FDP fordert eine Härtefallregelung, Links­partei und Grüne hingegen keinerlei Beschränkung. „Was wäre denn, wenn es mein Kind wäre, meine Frau wäre, mein Mann wäre? Keine Landtagswahl in Bayern und kein Parteitag kann wichtiger sein als diese Frage“, sagt Katrin Göring-Eckardt (Grüne).

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