Kito Nedoschaut sich in Berlins Galerien um
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Es klingt vielleicht paradox, wenn jemand erklärt, dass man früher doch viel mehr mit dem Rechner anstellen konnte. Wie das gemeint ist, erklärt sich in der Galerie Barbara Weiss. Dort hängen die „Atari Faces“ – eine Serie von computergenerierten Bildern, deren früh-digitale Eigentümlichkeit heute unmöglich nachahmbar erscheint. Hergestellt wurden die „Gesichter“ zwischen 1988 und 1991 vom Frankfurter Künstler Thomas Bayrle, der damals an der Städelschule unterrichtete und gemeinsam mit seinem Studenten Stefan Mück ein Atari-Programm entwickelte, das es ermöglichte, Bayrles ursprünglich mit Händen und Kopiermaschine produzierte Ästhetik der komplexen Verzerrung nun mit Hilfe des Rechners herzustellen. Diese erstaunlichen Flickengesichter aus Moiré-Gewebe erscheinen wie hybride, zeitreisende Zwischenwesen: aus den Tiefen der Kunstgeschichte kommend, aber schon verkabelt mit der Zukunft (bis 21. 4., Di.–Sa. 11–18 Uhr, Kohlfurter Str. 41/43).

Zwischen verschiedenen Zuständen schwebend erscheint auch die Kunst des Hamburger Malers und Bildhauers Tillmann Terbuyken. Der 1978 in München geborene Künstler selbst unterscheidet aktuell zwischen „Logs“ und „Tondos“. Letztere bezeichnen in sich geschlossene Kreisformen, die auf die klassische Formen der Rundbilder anspielen. Für die freier angelegten „Logs“ wiederum verwendet Terbuyken Papiere und Stoffe, die ursprünglich beim Malen anderer Bilder zum Aufnehmen überschüssiger Farbe und Tusche dienten. So bringt er in der Ausstellung bei KM sein eigenes Surplus-Material erneut in den Kreislauf der künstlerischen Verwertung. Als Protokolle der Produktion erzählen die „Logs“ von der Atelierarbeit, ohne sich allein darin zu erschöpfen (bis 21.4., Mi.–Sa. 14–18 Uhr, Mehringplatz 8).

Eine sehr treffende Arbeit zum Themenfeld soziale Kesselgefühle ist hingegen in der Galerie CFA zu sehen. Der Titel des Werks: „Suddenly I Find Myself Surrounded By Total Arseholes“. Im Jahr 2004 schraubte Georg Herold um die 30 verschieden kurze, mit schwarzem Filzstift beschriftete Dachlattenstücke so zusammen, dass sie eine Art zackigen Kreis ergaben. Der Kölner Künstler, der mit Vorliebe „ungehobeltes, dummes Material“ verwendet, benutzte ausschließlich Männernamen: Holger, Franz, Ludwig und so weiter. Bevor man bei sich selbst Depression oder einen Minderwertigkeitskomplex diagnostiziert, gilt es sicherzustellen, dass man nicht einfach nur von Arschlöchern umgeben ist. Zudem gibt es auch Herolds berühmten Räkelfiguren, Kaviar- und Ziegelsteinbilder zu sehen (bis 21.4., Di. – Sa. 11–18 Uhr, Grolmanstr. 32/33).