wie machen sie das?
: Telefonsex-Anbieterin

Nicole Kuhlert, 48, bedient seit 16 Jahren sexuelle Fantasien am Telefon. 2003 gründete sie ihre eigene Agentur, die sie mittlerweile hauptberuflich betreibt.

taz am wochenende: Frau Kuhlert, Sie müssen so tun, als würden Sie mögen, was Ihre Kunden mögen. Wie machen Sie das?

Nicole Kuhlert: Ich sehe das so: Ich bin Dienstleisterin und der Kunde ist König. Um mich geht es in dem Moment nicht, sondern darum, den Kunden befriedigend zu bedienen. Auch wenn dessen Fantasien nicht meinen entsprechen.

Stimmt das Klischee, dass manche Anrufer einfach jemanden zum Reden brauchen und den Service als Seelsorge benutzen?

Nein. Diese Hotline-Nummern werden schließlich mit Sex beworben. Der Kunde, der hier auf der Line anruft, hat Lust auf Sex. Zum Vergleich: Wenn ich zum Bäcker gehe, ist auch klar, dass ich dort keine Autoreifen, sondern Brot kaufen will.

Warum, denken Sie, rufen Männer heutzutage noch auf Sex-Hotlines an und bezahlen eine Menge Geld dafür, obwohl es überall kostenlose Pornos gibt?

Wenn ein Mann bei uns anruft, hört er als Erstes die Visitenkarten von allen Frauen, die gerade zur Verfügung stehen, und kann sich dann für eine entscheiden. Dabei spielt die Stimme natürlich eine große Rolle. Im besten Fall kann er bei der Frau, die er ausgewählt hat, die Fantasien empfinden, die er sich erhofft. Sie kann ganz individuell auf seine Wünsche eingehen.

Macht das den Reiz am Telefonsex aus?

Ja, aber auch, dass der Anrufer ehrlich sein kann. Man muss keine Rolle spielen, weil man nicht weiß, wer die Person am anderen Ende des Hörers ist. Begegnet man einer Frau in der sehenden Welt, benimmt man sich natürlich ganz anders, versucht sie zu beeindrucken. Am Telefon kann der Anrufer so sein, wie er ist, und muss sich nicht verstellen.

Was machen Sie, während Sie am Telefon sind?

Die Augen schließen und mich konzentrieren.

Keine Hausarbeit nebenbei?

Natürlich nicht. Frauen, die nebenher ihre Hausarbeit erledigen, sind höchstens drei Tage dabei. Eintagsfliegen. Die denken, es würde reichen, wenn sie flach in den Hörer stöhnen. Um auf der professionellen Line erfolgreich zu sein, reicht das nicht, da muss schon auch Inhalt kommen.

Was war Ihr schönstes Telefonsex-Erlebnis?

Besonders im Gedächtnis geblieben ist mir ein Gespräch mit einem Pianisten. Auf meine Frage, ob er schöne Hände habe, antwortete er mir: ‚Hör mal, du kannst meine Hände hören‘, und fing an, mir ein wunderschönes Stück auf dem Klavier vorzuspielen. Und als er hörte, wie begeistert ich war, sagte er, es freue ihn sehr, dass er mir auch etwas Gutes tun konnte.

Interview: Zelda Biller