In Chanel No. 5 getaucht

Brad Pitt – der erste Mann in der Chanel-Werbung, jenseits der Gendervorgaben

Ein denkwürdiges Hobby: In seinen ersten, zweiten und dritten Wohnsitzen (USA, Frankreich, Italien) stapeln sich angeblich ungewöhnliche Designerstühle. Vielleicht, weil er viel Besuch hat? Oder sitzt er einfach gern?!

Neben dem Stuhltick gilt Brad Pitt, geboren 1963 in Oklahoma, als einer der einflussreichsten Menschen Hollywoods. Und mit seiner Verlobten Angelina Jolie als potenziertes Powercouple, das dem klassischen Superstarstatus am nächsten kommt.

Jetzt, wo zumindest Teile der Welt atemlos auf die Hochzeit (und das Kleid, die Trauzeugen, die Kapelle etc.) warten, kann man Brad Pitt als Markenbotschafter für Chanel No. 5 erleben: In dem vom Jane-Austen-Verfilmer Joe Wright inszenierten 30-sekündigen Schwarz-Weiß-Spot steht Pitt, die Haare leger zurückgekämmt, im offenen Hemd vor der Kamera und redet, während sich das Licht subtil ändert, darüber, wie „Pläne verschwinden, Träume übernehmen“, aber „du immer da bist“. Angeblich klimperten dafür 5,4 Millionen Euro in die Hochzeitsreisekasse.

Für ihn und Chanel gilt der Spot als „revolutionär“. Die Missachtung der Gendervorgaben – Pitt ist der erste Mann, der für das Frauenparfum Werbung macht – passen zu dem für Hollywoodverhältnisse eher unkonventionellen Image, das Pitt und Jolie gern pflegen: Sie reisen mitsamt Familie und sozialem Anliegen durch Entwicklungsländer und kritisieren die US-Politik. Zudem produzierte Pitt just einen Dokumentarfilm, der den in den USA proklamierten „Krieg gegen die Drogen“ als sinnlos entlarvt und Legalisierung statt Kriminalisierung fordert.

Das hätte man 1991, als seine Bauchmuskeln Geena Davies in „Thelma und Louise“ auffielen, nicht vermutet: Der Schauspieler Pitt verweilte nur kurz in der „Romantischer Held“-Kategorie, und brach alsbald in Richtung ungewöhnlichere Projekte auf. Im selben Jahr spielte er als naiver Haartollenhandlanger in Tom DeCillios „Johnny Suede“. Und in Terry Gilliams dunkler Science-Fiction-Geschichte „Twelve Monkeys“ zeigte er erstmals sein Talent für delphische Rollen mit Dialekt.

Bei Guy Ritchies „Snatch“ war er kaum mehr zu verstehen, für Tarantino trug er eine Gesichtsnarbe, und in seinem aktuellen Film, „Killing Them Softly“, ist er der gewissenloseste aller Gewissenlosen.

Dass über alldem jetzt eine Wolke Chanel No. 5 schwebt, ist schwer vorstellbar. Aber mutig.

JENNI ZYLKA