die dritte meinung
: Die CSU leistet der Orbanisierung des deutschen Asylrechts Vorschub, sagt Heiko Habbe

Heiko Habbe

arbeitet bei der kirchlichen Beratungs­stelle „fluchtpunkt“ in Hamburg.

Eine „Anti-Abschiebe-Industrie“ sieht Alexander Dobrindt in Deutschland am Werk. Diese wolle „den Rechtsstaat von innen bekämpfen“. Man könnte das abtun als Getöse im bayerischen Wahlkampf. Es ist aber mehr. Es ist eine Kampfansage an den Rechtsstaat, den der CSU-Politiker zu verteidigen vorgibt.

Rechtsstaat ist, wenn derjenige, gegen den der Staat einschneidende Maßnahmen verfügt, diese Maßnahme vor Gericht überprüfen lassen kann. Und was könnte einschneidender sein als die Abschiebung zurück in die Gefahr, der ein Mensch gerade erst entflohen war? Rechtsstaat ist Schutz des Einzelnen gegen den strukturell überlegenen Behördenapparat. Wenn Dobrindt das als rechtsstaatsfeindlich bezeichnet, dann macht er sich selbst zum Feind des Rechtsstaats, indem er diesen in seinem Kern in Frage stellt.

Innenminister Seehofer will derweil die Rechte von Asylsuchenden weiter beschneiden. Bis zu 18 Monate will er sie in Lagern festhalten, wo Integration unerwünscht ist. Die Asylprüfung soll nach einem aktuellen Gesetzentwurf nur 48 Stunden dauern, eine unabhängige Rechtsberatung sieht der Entwurf nicht vor. Und weil derzeit viele Klagen gegen negative Asylbescheide erfolgreich sind, will Seehofer das Prozessrecht verschärfen und so die Möglichkeit zu wirksamem Rechtsschutz beschneiden. Kurzer Prozess nach oberflächlicher Entscheidung: Die Orbanisierung des deutschen Asylrechts schreitet fort. Man kann den Eindruck bekommen, dass dabei auch neue Bilder wie die vom massiven Abschiebe-Polizeieinsatz in Ellwangen in Kauf genommen werden sollen.

Der Anwalt des Togoers aus Ellwangen bekommt seitdem Morddrohungen und Hass-Mails. Betreffzeile: „Anti-Abschiebe-Industrie“. Dobrindts Saat geht auf. Wenn zugunsten der staatlichen Vollstreckungsmaschinerie der Rechtsstaat unter die Räder kommt, wenn Hass gesät wird, wenn der Rechtsstaat darin versagt, Geflüchteten den notwendigen Schutz zu gewähren, dürfen Kirchen und Zivilgesellschaft dazu nicht schweigen.