Sehnsucht nach Helden

Hannover 96 muss damit zurechtkommen, dass viele Führungsspieler den Verein verlassen haben. Die Neuzugänge will Trainer André Breitenreiter bei einem Trainingslager in Österreich integrieren

Hannover hat sich solide verstärkt, wird aber nicht auf einzelne Könner bauen können

Von Christian Otto

Diese akute Starthilfe kam vom Cheftrainer persönlich. Testspiel beim Regionalligisten TSV Havelse: Auf dem Weg zum 4:0-Sieg wird ein Elfmeter für Hannover 96 gepfiffen. „Bobby! Du!“, ruft André Breitenreiter, um seinem bestaunten Neuzugang den Weg zu weisen. Bobby Wood läuft an und? Verschießt. Genau für solche Momente ist eine mehrwöchige Saisonvorbereitung gedacht.

Hannover 96 ist mitten im Findungsprozess für die neue Saison in der Fußball-Bundesliga. Der Spielerkader muss grundlegend sortiert werden. Eine Prognose liegt nahe: Breitenreiter steht mit seinem Team vor einer großen Aufgabe.

Die Sehnsucht nach den verlorenen Helden ist immer noch spürbar. Salif Sané (Wechsel zu Schalke 04), Felix Klaus (VfL Wolfsburg) und Martin Harnik (Werder Bremen) waren nicht irgendwelche Spieler, sondern Führungspersonal. Wer von den Neuzugängen eine solche Rolle übernehmen kann, ist noch nicht zu erkennen.

„Das sortiert sich“, glaubt 96-Manager Horst Heldt und gibt sich gelassen. Mit dem Stürmer Wood und dem Mittelfeldspieler Walace hat sich Hannover zwei Profis vom in die 2. Liga abgestiegenen Hamburger SV gesichert. „Ich habe auf mein Bauchgefühl gehört“, sagt Wood über seinen Wechsel. Mit den ersten Toren in den ersten Testspielen hat er bereits angedeutet, dass er im Sturm eine echte Verstärkung sein kann.

Was genau einen Führungsspieler ausmacht, darüber lässt sich streiten. Der Japaner Takuma Asano, vom FC Arsenal aus London ausgeliehen, gehört zu den besonders schnellen und lauffreudigen Profis. Er redet nicht, sondern rennt. Ähnliches dürfte für seinen Landsmann Genki Haraguchi (Hertha BSC Berlin) gelten. Hannovers neuer Innenverteidiger Kevin Wimmer wiederum, ebenfalls ausgeliehen und sonst für Stoke City in England am Ball, lässt seine körperliche Wucht für sich sprechen. Er soll jene resolute Spielart mit Kopfballstärke an den Tagen legen, die Sané über Jahre gezeigt hat. Wimmers Art wirkt noch unrund.

Die Findungsphase bis zum Saisonstart am 25. August wird ab Ende Juli in Österreich fortgesetzt. Wenn auf dem Transfermarkt keine Wunder geschehen, bleibt den Niedersachsen zu bescheinigen: Sie haben sich solide verstärkt und werden nicht auf einzelne Könner bauen können, sondern auf ein gutes Miteinander bauen müssen.

Zu den wichtigsten Neuzugängen gehört am Ende einer, der zu Borussia Mönchengladbach wollte und dann gehalten werden konnte. Mit Niclas Füllkrug darf 96 weiter auf einen wuchtigen Stürmer mit Heimvorteil bauen. Er stammt aus Hannover. Er ist jener Publikumsliebling, der dem Rest des Teams dabei helfen kann, sich heimisch zu fühlen und als Ganzes zu funktionieren.