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Ein Glücksfall: die Pillen-Enzyklika

„Das hat der Papst nicht gewollt“, taz vom 25. 7. 18

Für die katholische Kirche Deutschlands kann die Veröffentlichung der Pillen-Enzyklika nachträglich nur als Glücksfall betrachtet werden. Nie zuvor war das kirchliche Lehramt so tief in den Lebensbereich erwachsener Menschen eingedrungen und nie zuvor war es auf so massiven Widerstand ­gestoßen. Bei dem Dogma der „Aufnahme Mariens in den Himmel“ (1950) zum Beispiel mochten Päpste noch über Glaubensinformationen verfügen. Auf dem Territorium des verantwortbaren Umgangs mit der eigenen Sexualität jedoch widersprachen dem Papst die wirklichen Fachleute, katholische Ehepartner.

Wer die damalige Zeit in einer lebendigen Pfarrei erlebt hat, weiß, was plötzlich alles innerkirchlich „fragwürdig“ wurde: Was ist meine Sexualität, was bedeutet päpstliche Unfehlbarkeit, welchen Rang hat das Gewissen eines Katholiken? Was bedeutet es, als KatholikIn eine eigene, reife Identität zu entwickeln? Die meisten Fragen, die später von Hans Küng, Eugen Drewermann und anderen in die breite Öffentlichkeit getragen wurden, hatten von dieser Enzyklika ihre Dringlichkeit erfahren. Friedrich Halfmann, Haltern am See

Von den arbuskulären Mykorrhiza

„Die Diskussion beginnt bei null“, taz vom 28./29. 7. 18

Das EUGH-Urteil, das klarstellt, dass auch CRISPR-Cas Gentechnik ist und eingehende Risikoprüfung und Kennzeichnung der Produkte erfordert, macht den Weg frei für einen eigenen europäischen Weg zu einer wirklich nachhaltigen Nahrungsmittelproduktion: unabhängig von den USA und China, eine Landwirtschaft ohne steigende Grundwasserbelastung, Verlust an fruchtbarem Boden, Erosion, Überschwemmungen und massivem Artenverlust.

Inzwischen ist die ökologische Forschung, die eine Ertragssteigerung durch Aufwertung der Böden ermöglicht, so weit fortgeschritten, dass der ökologische Anbau eine sichere Alternative, sowohl qualitativ als auch quantitativ, darstellt. Hierbei spielen die Wurzelpilze, speziell die arbuskuläre Mykorrhiza, eine entscheidende Rolle. Sie sind Symbionten von 90 Prozent der Landpflanzen mit erstaunlichen Fähigkeiten: Sie vergrößern mit ihren langen Pilzfäden die Oberfläche der Wurzeln, produzieren Glomalin, das den Boden krümelig macht, sie lösen fest gebundenen Phosphor aus dem Gestein und machen ihn pflanzenverfügbar, und sie unterdrücken in Wechselwirkung mit der Wurzel schädliche Bakterien und Pilzinfektionen. Die Folge: erhöhte Aufnahme- und Speicherfähigkeit des Bodens für Regenwasser, Reduktion von Düngemitteln, gesunde Pflanzen. Voraussetzung ist ein humusreicher Boden, wie er im ökologischen Landbau entsteht.

Forschungsgelder des Bundes und der Länder müssten jetzt verwendet werden, um den Aufbau der mit Fungiziden (Antipilzmitteln) kontaminierten Böden der konventionellen Landwirtschaft möglichst wirksam zu sanieren und Saatgut mit optimierten Pilztypen zu züchten. Sowohl in der Schweiz im Institut von Urs Niggli als auch in Deutschland bei Symplanta werden entsprechende Versuche gemacht. Es erstaunt, dass Herr Niggli skeptisch ist, welche Lösung für die Zukunft besser ist: konventionell mit Gentechnik oder ökologisch auf wissenschaftlicher Basis. Man kann nur hoffen, dass diese Institute nicht schon im Besitz von Bayer, BASF oder Syngenta sind, um mit Patentgebühren die Gentechnik als die für sie profitablere Methode zu erzwingen. Anita Schwaier, Angermünde

Wenig bio in „bio“

„Die Diskussion beginnt bei null“, taz vom 28./29. 7. 18

Die VerbraucherInnen meinen, sie kaufen mit „bio“ eine Landwirtschaft wie aus dem Bilderbuch, und sind enttäuscht, wenn sie die Realität der Ökonomie erkennen. Diese Idylle ist nämlich rechtlich nicht festgeschrieben. Festgeschrieben ist euro­pa­weit: kein mineralischer „Kunst“-Dünger und keine Gentechnik. Viel mehr ist dank der „Bio“-Anbauverbände von der Revision des Europarechts nichts übrig geblieben. Urs Niggli möchte auch diese Sicherheit noch relativieren! Die VerbraucherInnen werden es merken, denn bald ist „bio“ keine Alternative mehr zu dem normalen Essen. Thomas Warnken, Bremen