Jan-Paul Koopmann
Popmusik und Eigensinn
: Retro-Sound gegen die Retro-Gesellschaft

Das Cover von Tami Neilsons aktuellem Album „Sassafrass!“ sieht genauso bescheuert aus, wie Titel und Musik klingen. Aber ist es darum schon ein Gesamtkunstwerk? Es hilft jedenfalls beim Verständnis und sogar beim Spaß an der Sache, die Zutaten zusammen zu verspeisen. Da steht die ehemals kanadische Sängerin, die heute in Neuseeland lebt, in einem Kunststoffdschungel und trägt ein rosa Kostüm mit allerlei Ost-Applikationen. Die hart angesoulte Rockabilly-Musik, Frisur, Kleidung und Tropenfrüchte erinnern an die 50er- und 60er-Jahre – also kurz bevor die andauernde Wiederholung der Wiederholung von Zitaten im Pop zum übermächtigen Prinzip aufstieg.

Interessant ist bei Tami Neilson nun aber, dass sie mit diesem Zeug ursprünglich gar nicht im Pop-Segement angetreten ist, sondern tatsächlich in der Country-Szene, wo das zitierte Gestern ja doch noch etwas mehr bedeutet als irgendein austauschbarer Pop-Moment. Mit ihrer Familie hat sie als Anheizer bei Johnny Cash gespielt, bevor sie dann irgendwann rübergemacht hat: nach Neuseeland und in den Pop, wo sie gerade anfängt, mit eben diesem Retropaket richtig erfolgreich zu werden.

Kurz noch mal diese Bananen: „It’s bananas, it’s the crazy talk / Buzz her brain with the electric shock / Burst your bubble now pop, pop, pop / This is a big boy’s game“. Der Song spielt in und mit diesem Dschungel auf mindestens zwei Ebenen. Dass Country-Blase und Pop-Zirkus da wörtlich drinstecken, mag ein (schöner) Zufall sein, dass „Bananas“ metaphorisch auch für Schwachsinn steht, hingegen nicht. Spannend ist, was genau hier als irre gilt: „It’s bananas she want equal pay / Just for workin’all night and day“.

Und das ist nun wirklich aufregend: dass Tami Neilson nach mehreren Alben auch noch im Feminismus ankommt. Das ist wirklich neu auf „Sassafrass!“ In einem Interview hat sie kürzlich gesagt, sie habe einfach keine Toleranz mehr für Bullshit. Vielleicht weil sie 40 geworden sei, der Vater starb, oder sie ein Kind bekam und sich plötzlich Vorwürfe anhören muss, weil sie trotzdem auf Tour geht. Und das ist zum Schluss noch ein schöner Dreh, in Sound und Style der 50er gegen eine Männergesellschaft anzusingen, die sich oft genauso veraltet anhört.

Mo , 27.8., 20 Uhr, Schlachthof