die gesellschaftskritik
: Geht gar nicht: geschieden, Mutter oder dick

Filterblasen kennen Sie, oder? Das sind die, in denen wir uns alle bewegen, die aus Menschen bestehen, die denken, lesen, liken wie wir und von denen wir auf die große Masse der anderen schließen und daher annehmen könnten, es wäre überall so kuschelig wie in unserer kleinen Filterblase.

In der Filterblase dieser kleinen Zeitung ist es besonders gemütlich. Wir sind hier, das lesen Sie ja, gegen Rassismus, Sexismus und Menschenfeindlichkeit und wähnen uns damit in der gesellschaftlichen Mehrheit.

Doch dann trifft einen immer mal wieder der Schlag, der die Filterblase zum Platzen bringt. Fassen wir mal zwei Meldungen vom Wochenende zusammen:

1. Letzte Woche gewann die 23-jährige Veronika Didusenko in Kiew die Wahl zur Miss Ukraine. Jetzt muss sie ihr Krönchen wieder abgeben, weil bekannt wurde, dass sie geschieden ist und Mutter eines vierjährigen Jungen. Das ziemt sich nicht für eine Miss Ukraine. (Übrigens auch nicht für eine Miss Deutschland, auch nicht für eine Mrs. Deutschland. Für die Wahl zum Mister Deutschland spielen Ehe und Kinder allerdings keine Rolle).

2. Bei RTL lief am Samstag die sogenannte „Comedy“-Show (Sie wissen schon, das sind die, die lustig sein sollen) „Darf er das?“. Gastgeber ist der Moderator Chris Tall (Sie wissen schon, das ist der, der sein Bühnenprogramm mal „Chris-Tall-Nacht“ genannt hat). In seiner RTL-Sendung sollten drei Männer raten, ob eine Frau „schwanger oder dick“ sei. Nach Kritik in den sozialen Medien schnitt RTL die Szene vor Ausstrahlung aus der Sendung.

Das ist also der Zustand der Unterhaltungsindustrie im Jahr 2018. Eine Frau, die ein Krönchen dafür bekommt, schön zu sein, darf nicht verheiratet und Mutter sein. Und eine Frau, die über die Kleidergröße 38 hinausgeht, darf von Männern bewertet werden.

Aus unserer kuscheligen Filterblase gesprochen, könnten wir jetzt natürlich sagen: „Wer Chris Tall oder Miss Wahlen guckt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Nur scheint das leider auf gar nicht so wenig Menschen zuzutreffen: 1,22 Millionen Zuschauer haben die Chris-Tall-Show gesehen und in der Ukraine freut sich Leonila Guz darüber, neue, natürlich unverheiratete Miss Ukraine zu sein. Hach, du liebe Filterblase. (afro)