Tim Caspar Boehme
hört auf den Sound der Stadt
:

Gesang als Politikum. Wenn Frauen im Iran bei öffentlichen Konzerten ein Solo singen wollen, ist das nicht erlaubt. Im Chor singen hingegen schon. Das Festival „Female Voice of Iran“, das am Donnerstag in der Villa Elisabeth beginnt und neun Sängerinnen aus dem Iran zu Gast hat, ist daher auch von politischer Bedeutung, selbst wenn die Kuratorin Yalda Yazdani die Veranstaltung der Zeitgenössischen Oper Berlin ausdrücklich nicht als politisch verstanden wissen möchte, sondern als Kulturaustausch. Bis Sonntag noch wird es den in Form von Konzerten, Workshops, Filmvorführungen und Plenumsdiskussionen geben (Invalidenstr. 3, 19 Uhr, www.elisabeth.berlin/de, 20/15 €, 15/10 €, 5 €).

Weniger politisch, aber zum Kulturaustausch einer anderen Art geeignet ist der Auftritt des Trios Uchihashi – Scott – Chen am Freitag im Sowieso. Kennenlernen kann man bei der Gelegenheit einerseits das vom in Berlin lebenden japanischen Gitarristen Kazuhisa Uchihashi in Erinnerung an den Musikpionier Hans Reichel gespielte Daxophon, ein „Idiophon“, dessen auswechselbare Resonanzstücke Töne hervorbringen, die an Tierlaute und andere außermusikalische Geräusche denken lassen. Andererseits trifft Uchihashi auf den nicht minder eigenwilligen Gesangs- und Cellostil seiner ebenfalls in Berlin ansässigen chinesisch-amerikanischen Kollegin Audrey Chen, deren klanglicher Erfindungsreichtum höchst bemerkenswert ist. Ergänzt wird das Spektrum durch den modularen Synthesizer des britischen Komponisten Richard Scott (Weisestr. 24, 20.30 Uhr).

Gerade erst hatte man die Chicagoer Flötistin Nicole Mitchell beim Jazzfest Berlin erleben dürfen, das sie u. a. eröffnete, jetzt spielt sie am Sonntag mit dem improvisierenden Tiger Trio im Exploratorium. Allerhöchstes Niveau des konzentriert spontan aufeinander regierenden Zusammenspiels verspricht diese Formation, zu der neben der Pianistin Myra Melford, ebenfalls aus Chicago, noch die französische Bassistin Joëlle Léandre gehört (Mehringdamm 55, 20 Uhr, 12/10/6 €).

Irgendwie auch improvisiert erscheint das Projekt mit Gesamtkunstwerkcharakter, das der britische Produzent James Holden am Mittwoch im Berghain präsentieren wird. James Holden & The Animal Spirits nennt sich das Zusammentreffen seines schwer zu bändigenden Modularsynthesizers mit seinem Afrobeat-informierten Kollektiv, in dem Saxofon, ­Kornett und Schlagzeug für spirituelle Jazz­anteile sorgen. Die Geisterbeschwörung steht bei diesem Vorhaben unter einem sehr günstigen Stern (Am Wriezener Bahnhof, 21 Uhr, 22,40 €).