Ackerböden verlieren Nährsubstanz: Humus im Minus

Humus, der wichtige Teil des Ackerbodens, wird in Deutschland zusehends weniger. Darunter leiden Fruchtbarkeit und Klima.

Zwei Hände voll Humus

Locker, flockig, nährstoffreich: Humus Foto: dpa

BERLIN taz | Der durchschnittliche Ackerboden in Deutschland verliert Humus. Das legen am Mittwoch veröffentlichte Modellrechnungen des bundeseigenen Thünen-Forschungsinstituts nahe. Humus besteht aus organischem Kohlenstoff und bindet Treibhausgas, Wasser sowie Nährstoffe. Oder negativ formuliert: Humusverlust beschleunigt den Klimawandel und kann die Ernte verringern.

Dass die Humusgehalte von Wiesen und Feldern auf trockengelegten Moorböden zurückgehen, ist bekannt. Sie machen nur etwa 6 Prozent der Agrarfläche aus. Doch die erste „Bodenzustandserhebung Landwirtschaft“ zeigt: In den kommenden zehn Jahren wird der durchschnittliche Hektar auch des übrigen, „grundwasserfernen“ Ackerlands in der wichtigen Schicht bis 30 Zentimeter Tiefe wohl 0,21 Tonnen organischen Kohlenstoff jährlich verlieren.

Es werden also jeweils 0,4 Prozent des Humus abgebaut, wenn Klima und Bewirtschaftung unverändert bleiben. In Ostdeutschland sind es 0,5, im Norden 0,4 und im Süden 0,2 Prozent. Bei Wiesen und Weiden („Dauergrünland“) dagegen sehen die Forscher im Bundesschnitt „keine signifikante Änderung“.

Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) sagte bei der Vorstellung des Bodenberichts zwar, man könne noch nicht sagen, wie sich die Humusmenge entwickele. Denn die Wissenschaftler haben bisher nur einmal den organischen Kohlenstoff an 3.104 repräsentativen Punkten unter Agrarflächen gemessen. Doch zusätzlich haben sie Bauern befragt, etwa wie viel Mist sie ausgebracht haben, der Humus bilden kann.

Zu wenig Luzerne

Alle Daten haben die Wissenschaftler in erprobte Modelle eingespeist, um eine Prognose zu erstellen. Dass sie auch in diesem Fall zuverlässig ist, legen Messungen unter knapp 140 Flächen nahe, die schon seit Jahren von mehreren Bundesländern beobachtet werden. Auch sie zeigen Humusverluste.

Warum also der Rückgang? „Humus wird ja gebildet aus Biomasse, die in den Boden reinkommt: Stroh, Wurzelreste, Erntereste, Kompost, organischer Dünger wie Gülle oder Stallmist“, antwortet Co-Autor Axel Don der taz. „Davon bleibt einfach weniger auf dem Acker, wenn man zum Beispiel Stroh abfährt und energetisch nutzt.“

Axel Don, Co-Autor der Studie

„Humus wird gebildet aus Biomasse, die in den Boden reinkommt: Stroh, Wurzelreste, Erntereste, Kompost, organischer Dünger wie Gülle oder Stallmist“

Zudem würden die Landwirte schon seit Jahrzehnten in ihren Fruchtfolgen weniger Pflanzen wie Kleegras und Luzerne anbauen, deren Wurzeln besonders tief in den Boden eindringen und nach der Ernte zu Humus werden können. „Luzerne gibt es quasi nur noch bei Ökobauern. Und Luzerne ist einfach eine Kulturart, die unheimlich wichtig ist für den Humusaufbau“, so Don.

„Aber wir sind uns nicht sicher, denn es gibt eine zweite Möglichkeit: Das ist der Klimawandel“, ergänzt der Forscher. „Wir haben ja schon eine Temperaturerhöhung von über 1 Grad. Je wärmer es wird, je aktiver sind die Mikroorganismen, die den Humus abbauen. Wir haben ausgerechnet, dass, wenn wir 1 Grad Temperaturerhöhung haben, brauchen wir 14 Prozent mehr Erntereste, um den Humus auf gleichem Niveau zu erhalten.“

Tierhaltung besser verteilen

Aber warum ist der Humusrückgang gerade im Osten so hoch? „Da ist in den 1990er Jahren quasi die gesamte Tierhaltung zusammengebrochen. Deswegen haben wir keinen organischen Dünger tierischer Herkunft mehr dort.“

Gut wäre es Don zufolge deshalb, die Tierhaltung in Deutschland besser zu verteilen: Weniger Vieh zum Beispiel in Niedersachsen, wo bisher sehr viele Tiere konzentriert sind, mehr in Brandenburg. Für sinnvoll hält es der Wissenschaftler zudem, wieder mehr Luzerne oder Kleegras anzubauen, das zum Beispiel in Biogasanlagen verwertet werden könnte.

Ministerin Klöckner sagte, auch durch Humusaufbau lasse sich der Klimawandel bekämpfen. Wie genau sie für mehr Humus sorgen will, ließ sie allerdings offen.

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