Der Kritiker der Israel-Kritiker

Der Gazakrieg und die Folgen sind der Tropfen, der das Fass für Robert L. Bernstein zum Überlaufen brachte. Der Gründer der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) brach diese Woche mit seinen Nachfolgern. 20 Jahre stand er selbst an der Spitze der international agierenden HRW. Ihr wirft er nun Einseitigkeit vor allem bei der Betrachtung des Nahen Ostens vor, was die HRW zurückweist. Die „Berichte über den israelisch-arabischen Konflikt helfen denen, die zum Ziel haben, Israel zu einem Schurkenstaat werden zu lassen“, schrieb er in der New York Times.

Im Vergleich zu dem Bericht, den die HRW wenige Wochen nach dem Gazakrieg veröffentlichte, müssen selbst kritische Israelis die derzeit so umstrittene Untersuchung des Richters Richard Goldstone als ein Meisterwerk der Ausgewogenheit empfinden. Als erste Organisation, die den Krieg untersuchte, beschuldigte die HRW Israel der „systematischen Verstöße gegen internationales Kriegsrecht“, ohne die Hamas mit nur einem Wort zu erwähnen. Schon im Frühjahr versuchte Bernstein den Mangel an Proportionalität zu diskutieren. Anstatt sich mit „arabischen oder mit dem iranischen Regime“ auseinanderzusetzen, bringe die HRW „einen Bericht nach dem anderen über Israel heraus“, was die Gruppe selbst abstritt. Jüngst gab es Gerüchte um die Abteilungsleiterin für HRW-Nahost, Sarah Leah Whitson, dass sie um Spendengelder in Saudi-Arabien warb, um antiisraelische Gruppen zu unterstützen.

Bernstein, der seine Karriere bei dem Buchverlag Simon and Schuster begann, war über 25 Jahre lang selbst Chef des Verlags Random House. Er gründete 1973 das Committee on International Freedom to Publish. Aus Sorge um Meinungsfreiheit und Menschenrechte gründete er 1978 die Helsinki Watch, aus der später die HRW wurde und die zunächst beobachten wollte, ob sich die damalige UdSSR an das Helsinki-Abkommen halten würde. Der in Manhattan lebende dreifache Familienvater widmete sich anschließend den sowjetischen Juden und China. „Menschenrechte sind kein Luxus“, schrieb er, sondern sie sind „der Schlüssel zu allem Wichtigen in der Welt“.

SUSANNE KNAUL