Marcus Woeller schaut sich in den Galerien von Berlin um

„Achtung Sicherheitshinweis: Bitte lassen Sie Ihr Gepäck nicht unbeaufsichtigt!“ Diese Lautsprecherdurchsage läuft sofort vor dem inneren Ohr ab, sobald man irgendwo einen herrenlosen Koffer sieht. Im Ausstellungsraum der Galerie Schleicher/Lange steht ein solcher. Ein beunruhigendes Surren geht von ihm aus. Doch statt eine Bombe zu zünden, regt ein elektrischer Impuls nur die Rotationsachse eines Bürostuhls an, der sich daraufhin mal in die eine, mal in die andere Richtung dreht. Es könnte der Thron eines Engels sein, große Schwingen sind an seiner Rückenlehne montiert. Zur Installation „Growth of the Demon“ türmen sich Hunderte von Christbaumkugeln aus billig glänzendem Kunststoff auf. Schmutzig und verformt beschwören sie weniger das Weihnachtsfest herauf denn die spontane Mutation eines degenerierten Eiweißmoleküls. Kristof Kintera reißt in seiner Arbeit Alltagsgegenstände und Dekorationsmittel aus ihrem Kontext und arrangiert sie zu verstörend humorigen Skulpturen und narrativen Objekten.

Alan Charltons Konzeptkunst erzählt keine Geschichten. Seine Bilder sind in erster Linie hermetisch, exakt, streng und mathematisch. Acht gleichschenklige Dreiecksleinwände hat er in der Galerie Konrad Fischer aufgehängt. Sie sind in verschiedenen Grautönen gefärbt, sie haben ein Schenkelmaß von 99 bis 225 Zentimetern, und ihre Spitze zeigt stets nach oben. Doch die minimalistischen Wandgemälde bieten mehr als ihre geometrische Qualität. Als archetypische Grundformen werden sie bei der Betrachtung unwillkürlich mit Bedeutung aufgeladen, ob man nun an Pythagoras oder die Dreifaltigkeit denkt, an Berge oder Toblerone. Von den Dreiecken geht Energie und Dynamik aus, sie reagieren untereinander und mit dem Raum, widersetzen sich aber gleichzeitig der Disziplinierung durch unseren Blick.

■ Kristof Kintera, „Growth of the Demon“, bis 20. Oktober, Di.–Sa., 11–18 Uhr, Schleicher/Lange, Markgrafenstr. 68

■ Alan Charlton, „Triangle Paintings“, bis 27. Oktober, Di.–Sa., 11–18 Uhr, Konrad Fischer, Lindenstr. 35