Ideen für Mietendeckel gesucht

Der Senat hält sich über die rechtliche Machbarkeit eines Mietendeckels bedeckt. Befürworter diskutieren längst über konkrete Konzepte. Die Bausenatorin will dem Senat am Dienstag ein Papier vorlegen

Diskutiert wird bereits, wie ein Konzept für einen Mietendeckel aussehen könnte

Von Volkan Ağar

Er wolle das für sich „eindeutig einordnen“, schickte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) voraus: „Wenn es eine gute Chance gibt, diesen Mietendeckel anzuwenden, werden wir ihn anwenden.“ Die Antwort bei der Fragerunde am Donnerstag im Abgeordnetenhaus war mittelstarker Applaus.

Weniger euphorisch hatte zuvor Bausenatorin Katrin Lompscher (Linke) Fragen zum Thema beantwortet: „Die rechtlichen Auffassungen, die uns derzeit bekannt sind, lassen keine abschließende Einschätzung zu.“ Am kommenden Dienstag, so Lompscher, werde sie dem Senat aber ein Papier als Besprechungsgrundlage vorlegen. Nach dem im November veröffentlichten Fachbeitrag des Juristen Peter Weber und einem Gastbeitrag von SPD-Politikern im Tagesspiegel Anfang des Jahres hat Lompscher ein externes Gutachten in Auftrag gegeben. Darauf warten jetzt alle mit Spannung.

Am Abend zuvor hatten einige der Abgeordneten an einem Treffen in der Evangelischen Elisabeth Klinik teilgenommen. Diskutiert wurde dort die Frage des „Ob“ und „Wie“ eines Mietendeckels. Eingeladen hatte der Republikanische Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV) Zivil- und Verwaltungsrechtler, die Senatsverwaltungen für Stadtentwicklung und Justiz, Vertreter der drei Koalitionsparteien sowie der Deutsche Mieterbund und der Berliner Mieterverein. Rund 40 Personen – darunter auch Interessierte aus Städten wie Hamburg, in denen der Mietendeckel auch diskutiert wird – lauschten den Vorträgen von Experten und diskutierten über die Frage: Ist ein Mietendeckel juristisch möglich? Wenn ja, wie soll das gehen?

Das Treffen fand unter Ausschluss der Presse statt. Teilnehmer berichteten der taz, ein Großteil der Gekommenen sei sich einig gewesen: Ein öffentlich-rechtlicher und auf Landesebene beschlossener Mietendeckel sei möglich, das zivile Mietrecht stehe dem nicht im Weg. Unter den Teilnehmern war auch Peter Weber, der Autor des juristischen Fachbeitrags aus der Juristenzeitung, der die Debatte um einen Mietendeckel auf Landesebene ins Rollen gebracht hatte.

Gutachten widersprochen

Auch Max Putzer, Autor des letzten juristischen Beitrags, der Anfang März in der Neuen Zeitschrift für Verwaltungsrecht erschienen ist, referierte aus seinem Aufsatz „Ein Mietendeckel für Berlin. Zur Zuständigkeit der Länder für ein Mietpreisrecht“. Der Rechtsauffassung beider Juristen widerspricht ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags vom Anfang des Jahres, wonach ein Mietendeckel auf Landesebene nicht möglich sei, weil der Bund in diesem Bereich bereits mit der Mietpreisbremse interveniert habe.

Obwohl die juristische Frage nicht abschließend geklärt ist, wurde bei dem Treffen in der Evangelischen Elisabeth Klinik bereits darüber diskutiert, wie ein konkretes Konzept für einen Mietendeckel aussehen könnte. Die erörterten Modelle reichten von einem „Mietenstopp“ – also Einfrieren der Mietpreise an einem Stichtag – bis zur Ausrichtung des Deckels am Durchschnittseinkommen, der Durchschnittsmiete oder dem Mietenspiegel. Auch über Härtefallregelungen für Vermieter wurde gesprochen.

Gaby Gottwald (Linke), Mitglied des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen, erklärte, die Grundfrage, ob ein Mietendeckel in Berlin politisch gewollt ist, sei für sie beantwortet. Nun gehe es darum, einen Weg zu finden, „um die Idee zu operationalisieren“. Und wenn das von Gottwalds Parteigenossin, der Bausenatorin Lompscher, angeforderte Gutachten negativ ausfällt? „Das kann keine Denkbarriere für uns sein“, so Gottwald. Denkbar sei, dass die Senatsverwaltung eine Expertenkommission zum Thema Mietendeckel einsetze. Tatsächlich schloss Lompscher eine solche Kommission am Donnerstag im Abgeordnetenhaus nicht aus.

Für Kilian Wegner (SPD), Mitautor des Tagesspiegel-Beitrags ist die Frage der Machbarkeit vor allem eine politische. Zu den negativen Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags und einem möglichen negativen Gutachten der Senatsverwaltung sagt er: Es handele sich um eine oder zwei Rechtsauffassungen von vielen. „Am Ende werden das Abgeordnetenhaus und die Koalition entscheiden.“ Verbleibende Zweifel könnten letztlich nur das Berliner und das Bundesverfassungsgericht ausräumen, so Wegner.