Die kleine Wortkunde

Kann man Missstände nicht mehr kleinreden, hilft nur noch eins: den Mangel beheben – oder umbenennen. Probleme werden zu „Herausforderungen“ und vergeigte Flughafeneröffnungen zu „Soft Openings“.

Ein solches Soft Opening erwägen die Planer des Hauptstadtflughafens BER derzeit für Herbst 2013: Dabei soll der Flugbetrieb anders als bisher geplant in zwei Etappen verlegt werden, zunächst nur von Schönefeld, später dann auch von Tegel.

Diese „Teile und herrsche“-Strategie kommt eigentlich aus dem Hotelgewerbe, wo Soft Opening bedeutet, dass ohne großes Tamtam eröffnet wird: Zum „Grand Opening“ hat sich der Betrieb dann schon eingespielt und man kann gefahrlos die Werbebanner für die breite Öffentlichkeit hervorholen.

„Soft“ ist wie viele englische Wörter germanischen Ursprungs: das Früh-Germanische „samftijaz“ (weich, sanft), das sich im Altenglischen erst zu „sfte“ und dann zu „softe“ (angenehm, weich) entwickelte. „Open“ hieß auch schon im Alt-Englischen so und stammt vom germanischen „upana“ ab, das sich vom indoeuropäischen „upo“ (auf) ableitet.

Soll mit diesem angenehm weichen Sprachkissen die längst abgestürzte Flughafeneröffnung nachträglich abgefedert werden? Nein, durch die „weiche Öffnung“ findet vielmehr eine sinnlich-erotische Umdeutung statt: BER, die Femme Fatale unter den Flughäfen, die unnahbare Göttin, deren Verzögerungen und Terminverschiebungen bei uns den gleichen Kitzel erzeugen sollen wie das Locken und Warten beim Striptease …

Dann braucht Wowereit nur noch ganz soft daherzukommen und zu hauchen: „Berlin ist halt spät, aber sexy“ und schon wird die stückchenweise Eröffnung zum reinen Lustgewinn.

ERIK WENK