SCHENKELSPORT, „COUPÉ“, SPREDDER, KARASEK, FERRES, MOHN
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SILKE BURMESTER

Liebe taz-Medienredaktion, diese Woche ein recht heiseres „Hello!“ aus Great Britain. Das letzte Krächzen nach einer unglaublich sportlichen Woche. Letzten Mittwoch habe ich am Zeitungsstand nach Daily Sport gegriffen, einem Blatt, bei dem nicht nur der Name das Programm verspricht, sondern einer Tageszeitung, die von sich sagen kann: „Best Value Wednesday Newspaper – 20 Pence cheaper than The Times“. Billiger als die Times und dann auch noch fürs körperliche Wohl gesorgt – super, dachte ich, zumal die Frau auf dem Titel gleich was zu Schenkelsport erzählen wollte.

Überhaupt ist dieses Sportmagazin sehr frauenlastig. Sie werden beim Brüsteklopfen gezeigt, beim Busendrücken, bei der Schreibtischfitness mit Trainer, bei der Einstimmung auf Geschlechtsyoga. Ich finde es sehr überraschend, wie die Engländer der Printkrise begegnen, und denke, auch deutsche Blätter können hier eine Menge lernen. Coupé etwa könnte auf den Titel schreiben „30 Cent billiger als Die Zeit“ oder Bild: „92 Prozent mehr Bilder als die FAZ“. Das rockt total, da greift man zu.

Zugreifen ist überhaupt ganz wichtig. Das kann man gar nicht genug machen. Zugreifen, hinlangen, ausschlachten. Zumal, wenn man, wie der DJV jetzt veröffentlichte, als freier Journalist im Schnitt 2.147 Euro brutto monatlich verdient. Privatradiokollegen können gerade mal 1.581 Euro verbuchen. BRUTTO.

Da kommt eine Agentur wie Spredder gerade recht. Hajo Schumacher, der Print-, Online-, Fernseh-Lobby-Tausendsassa steckt hinter dem alten Geschäftsmodell, Texte zur Zweit- und Drittverwertung zu vermarkten. Doch wer – trotz einiger Zweifel an der Attraktivität eines solchen Modells für Verlage – auf ein paar Euros mehr im Monat hofft, sei gleich vor den Kopf gestoßen: Spredder ist kein Absatzplatz für den Kraut- und Rübenjournalisten. Spredder will die Creme des deutschen Journalismus vertreten und kaum diejenigen, die hoffen, im nächsten Jahr vielleicht 2.200 Euro brutto zu verdienen.

Entsprechend billig fällt dann auch die Werbung aus: „Qualitätsjournalismus für alle: Ein Karasek auch in Ihrem Blatt“, heißt es auf der Website. Wenn aber der 75-jährige Karasek mit seinen niedlichen Ergüssen im Hamburger Abendblatt das ist, was heute unter Qualitätsjournalismus läuft, dann möchte man doch gleich einen Bettelbrief an die Witwen Springer und Mohn schreiben, die sich mit je 2,9 Milliarden Euro Vermögen den 32. Platz auf der Liste der 100 reichsten Deutschen teilen.

Apropos Superweiber: Veronica Ferres hat mal wieder geklagt. Nein, dieses Mal nicht vor Gericht, noch nicht, das kann noch kommen, nein, erst einmal nur so in ein Mikrofon: „Mache ich einen Schritt, steht am nächsten Tag was über mich im Boulevard, mache ich keinen Schritt, steht auch was drin.“ Da ist man als reportierende Journalistin erst einmal ganz schön verwirrt und weiß gar nicht, in welche Richtung das Mitleid gehen soll. In Richtung A: Veronica Ferres macht manchmal tagelang keinen Schritt. Oder in Richtung B: Kein Wunder, wenn die Arme so verwirrt ist – wer bei der Bunten anruft, wenn er einen Schritt geht, genauso, wie wenn er keinen geht, muss ja kirre werden.

Apropos Schritte tun: Reinhard Mohns Beerdigungsfeier wird von n-tv live übertragen. Der Pförtner von Bertelsmann sowie Mohns Tanzschulenpartnerin haben das Einschalten zugesagt. Ich würde auch gern gucken. Dummerweise aber will kein Sender hier das Ereignis übertragen, weil der Pfarrer sich weigert, Englisch zu sprechen. Ich werde zurückreisen müssen.

Mit einem Krug Pimm’s No. 1 im Koffer gebe ich zurück nach Berlin!