Linke demonstrieren, Trump sieht „Putsch“

Gespaltener denn je ging die US-Öffentlichkeit in die abschließende Debatte über ein Impeachment-Verfahren gegen Donald Trump am Mittwoch im Repräsentantenhaus

Auf der Straße gegen Trump: Protestierender in Dayton, Ohio Foto: Megan Jelinger/ZUMA Press/imago images

Von Dorothea Hahn

„Wer steht über dem Gesetz?“, skandierten am Dienstag Menschen bei Demonstrationen an mehr als 600 Orten in den USA. Sie antworteten sich selbst: „Niemand steht über dem Gesetz.“ Am Morgen danach kam in Washington das Repräsentantenhaus zusammen, um über ein Impeachment von Donald Trump zu entscheiden. Nach den Ermittlungsverfahren verschiedener Ausschüsse lagen den Abgeordneten zwei Anklagepunkte gegen den Präsidenten vor: Justizbehinderung und Machtmissbrauch. Schon im Vorfeld der abschließenden Debatte in der Kammer schienen zwei Dinge klar: Erstens, dass die Mehrheit der Abgeordneten für die Anklage stimmen würde, und dass die Abgeordneten weitgehend entlang ihres Parteibuches entscheiden würden.

Der 45. Präsident der USA begann den Tag mit einem Tweet, in dem er seine AnhängerInnen aufrief, für ihn zu beten. Trump weiß die überwiegende Mehrheit der fundamentalistischen ChristInnen des Landes hinter sich. In seinem Tweet kündigte er an: „Ich werde heute impeached werden.“ Machte die „radikale Linke“ und die „Nichtstuerischen Demokraten“ verantwortlich. Und wiederholte: „Ich habe nichts falsch gemacht.“

Dem präsidentiellen Aufruf zum Gebet war am Tag zuvor ein sechsseitiger Drohbrief an die Sprecherin der Kammer vorausgegangen. In dem wütenden Schreiben warf der Präsident der Demokratin Nancy Pelosi vor, dass die DemokratInnen „Krieg gegen die amerikanische Demokratie“ führten, nannte das Impeachment-Verfahren „ungültig“ und einen „Putschversuch“ und verglich es mit den Hexenprozessen von Salem. Im Jahr 1692 wurden bei den Prozessen Dutzende Menschen gefoltert und 20 hingerichtet.

In der Geschichte der USA sind erst zwei Impeachment-Verfahren – gegen Andrew Johnson und gegen Bill Clinton – mit einer Anklage abgeschlossen worden. In deutlich stärkerem Maß als diese beiden früheren Präsidenten hat Trump sein eigenes Impeachment-Verfahren nach Kräften behindert und sabotiert. Unter anderem verbot er seinen MitarbeiterInnen, den Vorladungen aus dem Repräsentantenhaus zu folgen und als ZeugInnen auszusagen. Und er hielt sowohl Unterlagen des Weißen Hauses als auch des Außenministeriums unter Verschluss. Parallel dazu bestritt er die Legitimität eines Impeachment-Verfahrens, obwohl es auf der Gewaltenteilung und der Kontrollverpflichtung beruht, die in der US-Verfassung vorgesehen ist.

„Es geht um das Schicksal unserer Demokratie“

Bürgerrechtsorganisation ACLU

Zu den Demonstrationen für ein Impeachment hatten die Demokratische Partei und zahlreiche linke Organisationen aufgerufen. „Es geht nicht um Politik, sondern um das Schicksal unserer Demokratie“, begründete die Bürgerrechtsorganisation ACLU ihren Aufruf. Michael Brune, Präsident der größten Umweltorganisation des Landes, Sierra Club, begründete seinen Aufruf mit der „überwältigenden Beweislast“, dass Trump „ausländische Regierungen dazu aufgerufen hat, bei der kommenden Wahl des Jahres 2020 zum persönlichen Vorteil von Trump zu intervenieren“.

Die Spitze der Demokratischen Partei, insbesondere Pelosi, hatte monatelang ein Impeachment-Verfahren abgelehnt. Doch als im September dank eines Whistleblowers herauskam, dass Trump den ukrainischen Präsidenten bei einem Telefonat um einen „Gefallen“ gebeten hatte – in Form von Ermittlungen gegen seinen demokratischen Rivalen Joe Biden –, gab Pelosi ihren Widerstand gegen ein Impeachment auf. In den ersten zwei Amtsjahren von Trump, während Pelosi haderte, trommelten linke DemokratInnen für ein Impeachment-Verfahren. Der texanische Abgeordnete Al Green verlangte es als erster im US-Repräsentantenhaus.

Nach der Abstimmung im Repräsentantenhaus muss sich der Senat mit der Frage der Amtsenthebung befassen. Dort halten die RepublikanerInnen die absolute Mehrheit. Aber schon im Vorfeld erklärte der republikanische Senatschef Mitch McConnell, dass er gar keine Arbeit hat, ein faires Untersuchungsverfahren zu organisieren. In einem verblüffenden Interview mit FoxNews machte McConnell seine eigene Befangenheit deutlich, als er sagte: „Ich koordiniere mich total mit dem Weißen Haus.“