Tim Caspar Boehme
hört auf den Sound der Stadt
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Gut denkbar, dass das Akkordeon landläufig immer noch in dem Ruf steht, vornehmlich als Schifferklavier für Shanties Verwendung zu finden. Wenn sich aber ein Akkordeonist, in diesem Fall Jonas Kocher, mit dem Noise-Performancekünstler Joke Lanz zusammentut, ist mit „Wir lagen vor Madagaskar“-Seemannsromantik eher nicht zu rechnen. Dafür mit zersplitterten Tönen, abrupten Brüchen und Geräuschen aller Art. Wie das konkret klingt, kann man am Donnerstag im WestGermany erfahren, da stellt das Duo sein aktuelles Album „Abstract Musette“ vor. Den anderen Auftritt des Abends bestreitet die Klang- und Stimmkünstlerin Alessandra Eramo. Sie mischt gesprochenes und gesungenes Wort mit Field Recordings, wobei ihre erweiterte Stimmtechnik sich oft weit von herkömmlichem Gesang entfernt in Zwischenreiche des Klangs an den Grenzen der Sprache (Skalitzer Str. 133, 21 Uhr).

Weniger extrem ist da schon das Werk Bob Dylans. Wobei es bei dem Nobelpreisträger ganz darauf ankommt, was man aus seinen Songs macht. Das Quartett Absolutly Sweet Marie mit seiner Bläser-Dreiviertelmehrheit – Steffen Faul an der Trompete, dem Posaunisten Matthias Müller sowie Alexander Beierbach am Tenorsaxofon – und der von Max Andrzejewski vertretenen Schlagzeugfraktion lässt Dylan jedenfalls in kaum nachsingbarer Form als Free-Jazz-Veteran in Erscheinung treten. Und das sehr ansteckend. Im Jazzkeller 69 im Aufsturz spielen sie am Freitag neben dem entdeckungsfreudigen Quartett Tru Cargo Service, bestehend noch einmal aus Beierbach, dazu dem Gitarristen Torsten Papenheim, der Bassistin Berit Jung und Christian Marien am Schlagzeug (Oranienburger Str. 67, 21 Uhr).

Und wie wäre es mit Peter Weiss’„Die Ästhetik des Widerstands“ als Rap? Diese Frage stellt sich sehr konkret am Sonnabend im Hamburger Bahnhof. Dort werden die Rapper Ayben, Volkan T error und der Großmeister der erweiterten Stimmtechnik, David Moss, sich Weiss’Beschreibung des Pergamonaltars aus seinem Hauptwerk als Material vornehmen. Das Konzert gehört zum Programm der Ausstellung „Cevdet Erek. Bergama Stereo“(Invalidenstr. 50–51, 20 Uhr, 14/10 €).

Wirklich entspannen kann man dann am Mittwoch im Konzert des US-Amerikaners Scott Hansen alias Tycho. Dessen Musik firmiert unter der Bezeichnung Chillwave, und das trifft die Sache sehr gut. Ruhige Gitarrenakkorde, ruhiges Schlagzeug, keine Eile, einfach langsam anrollen lassen. Ob das auch eine Ästhetik des Widerstands ist, lässt sich dann im Huxleys Neue Welt erkunden (Hasenheide 107–108, 20 Uhr, 28,30 €).