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„Grünes“ Gold – oder besser gar keines?

Die Gewinnung des Edelmetalls ist in der Regel umweltschädlich und gefährdet Menschen. Strittig ist, wie sehr Zertifizierung hilft. Denn absolut sauber ist der Abbau nie

Der Marktanteil gelabelter Ware ist bisher sehr gering Foto: Ivan CholakovAlamy/mauritius images

Von Bernward Janzing

Der Goldpreis ist gestiegen – um gut 30 Prozent binnen eines Jahres. Denn Gold profitiert, wenn die Zeiten am Kapitalmarkt unsicher sind. Und das sind sie derzeit zweifellos – aufgrund der Geldschwemme der EZB, aufgrund der Coronakrise, und auch weil die globale Wachstumsdynamik der Ökonomie an Grenzen gerät.

Aber Gold ist aus ökologisch-sozialer Sicht ein heikles Anlageprodukt. Zum einen werden bei der Gewinnung in der Regel giftige Stoffe eingesetzt. Ein verbreitetes Verfahren basiert darauf, dass goldhaltigen Sanden und Schlämmen Quecksilber beigesetzt wird, damit sich Amalgam bildet, eine Legierung der beiden Elemente. Das Amalgam wird dann separiert und erhitzt, wobei das Quecksilber verdampft – übrig bleibt das Rohgold. Dabei gelangt Quecksilber in die Gewässer und in die Luft.

Wie die Umweltorganisation WWF berichtet, sind am Amazonas mindestens 1,5 Millionen Menschen gesundheitlich von den Quecksilbereinträgen der Goldgewinnung betroffen. Es komme zu „Muskelschäden, Nierenerkrankungen, Lähmungen, kognitiven und motorischen Verzögerungen oder Psychosen“, schreibt der WWF in einer aktuellen Mitteilung. Die Vergiftungen könnten sogar tödlich sein.

Verbreitet ist auch ein zweites Verfahren – auch bei diesem sind toxische Stoffe im Einsatz: Die Erze werden mit Natriumzyanid ausgelaugt. So gelangt das Gold in das Sickerwasser, aus dem es dann extrahiert wird. Dabei wiederum gelangen Blausäure und deren Salze (Zyanide) in die Umwelt.

Nun gibt es zwar auch alternative Verfahren, die ohne Zyanid und Quecksilber auskommen, doch sie sind aufwändig. WWF-Rohstoffexperte Tobias Kind verweist auf gravimetrische Methoden, bei denen der relativ schwere Goldstaub aus dem gemahlenen Gestein herausgefiltert wird. In der Mongolei habe es auch schon ein Projekt gegeben, bei dem das Gold nach dem Mahlen des Gesteins zuerst mit Wasser ausgeschwemmt und anschließend auf einem Schütteltisch abgetrennt wurde. Andere Verfahren scheiden das Gold mit Elektroden aus Gesteinsschlämmen ab. Oder man ersetzt das Zyanid durch Thiosulfat, das deutlich weniger toxisch ist – aber in der Anwendung eben teurer.

Wer Gold erwirbt, weiß oft wenig über diese Hintergründe. WWF-Experte Kind fordert daher die Goldhändler und Anbieter goldgestützter Fonds auf, Kunden lückenlos aufzuklären über die Herkunft des gehandelten Goldes. Ansonsten hätten Anleger „keine Chance, giftiges Gold aus ihren Portfolios rauszuhalten“. Auch gelte es „Recyclinggold Vorfahrt zu gewähren“.

Immerhin gibt es inzwischen auch für Gold Zertifizierungssysteme. Damit Gold zum Beispiel das Fairtrade-Siegel erhält, muss den Bergbauorganisationen ein „wesentlich höherer Verkaufspreis“ bezahlt werden, als üblich. Die Zertifizierung schreibt zudem „Schutzkleidung sowie Gesundheits- und Sicherheitstrainings“ vor. In den Regularien heißt es ferner: „Der Einsatz von Chemikalien zur Goldgewinnung unterliegt einem verantwortungsvollen Umgang und wird so weit wie möglich reduziert.“ Kinderarbeit ist in Fairtrade-zertifizierten Minen verboten.

Käufer sollten lückenlos über die Herkunft des Goldes aufgeklärt werden

Darüber hinaus gibt es das Gütesiegel Fairmined. Dieses gäbe im Kleinbergbau die Möglichkeit, quecksilberfreie Abbautechniken zu fördern, betont der WWF. Für große Bergbauunternehmen setzten Zertifizierungssysteme wie IRMA „wichtige Umwelt- und Sozialstandards“. Eine erhöhte Nachfrage nach zertifiziertem Gold erzeuge „bei Banken, Händlern und Juwelieren Druck, ihre Lieferketten sauber zu halten“, sagt Kind. Doch bislang fehlt hier offensichtlich das Bewusstsein der Kunden; im Vergleich zu anderen Produkten, wie etwa Kaffee, ist beim Gold der Marktanteil der gelabelten Ware bisher sehr gering.

Zudem ist umstritten, ob die Zertifizierung nicht vielmehr eine Umweltverträglichkeit nur vorgaukelt. „Die einzige umweltfreundliche Alternative zum Goldabbau ist es, das Metall im Boden zu lassen“, sagt Klaus Schenk, Wald- und Energiereferent beim Verein Rettet den Regenwald. Denn nicht nur die Verseuchung der Flüsse, Böden, Fische und der Luft sei ein Problem, sondern auch die Abholzung des Regenwaldes und der empfindlichen Vegetation entlang der Gewässer. Es würden Flusssedimente mit schweren Maschinen zerwühlt, und die fruchtbaren Schwemmlandflächen entlang der Flüsse zerstört, auf denen die indigenen Völker traditionell Landwirtschaft betreiben.

Das alles geschehe zumeist unter Verletzung der angestammten Rechte der indigenen Völker und entgegen internationaler Konventionen. „Es ist mehr oder weniger ein Genozid“, sagt Schenk. All diese Probleme ließen sich durch den Ersatz von Quecksilber oder Zyanid nicht beheben: „Deshalb ist der Verein Rettet den Regenwald grundsätzlich gegen den Goldabbau.“